Politik

Die USA sind nicht allein Jetzt spioniert auch Kanada

Der kanadische Verteidigungsminister Peter MacKay muss nun Rede und Antwort stehen.

Der kanadische Verteidigungsminister Peter MacKay muss nun Rede und Antwort stehen.

(Foto: REUTERS)

Nach den USA räumt nun auch deren Nachbar Kanada eigene Spionage-Programme ein. Obwohl diese eigentlich vor allem Aktivitäten im Ausland überwachen sollen, sind zum Teil wohl doch Kanadier betroffen. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger spricht von einer "besorgniserregenden" Entwicklung.

Nach dem Bekanntwerden des riesigen Spähprogramms des US-Geheimdienstes hat nun auch Kanada erklärt, dass sein Geheimdienst weltweit Telefon- und Internetdaten abgreift. "Das passiert seit Jahren", sagte Verteidigungsminister Peter MacKay vor dem Parlament in Ottawa. Er bestätigte damit Berichte der Zeitung "Globe and Mail". Demnach ähneln die kanadischen Geheimdienstaktivitäten denen der USA.

Dem Zeitungsbericht zufolge sollen mit dem kanadischen Programm eigentlich vor allem Telefon- und Internetaktivitäten im Ausland überwacht werden. Es sei aber "manchmal aus Versehen" auch die Kommunikation von Kanadiern betroffen, zitierte "Globe and Mail" einen Vertreter des mit dem Programm beauftragten Dienstes des Verteidigungsministeriums.

Der Minister lehnte eine Antwort auf die Frage ab, ob sich Kanada an dem jüngst aufgedeckten US-Überwachungsprogramm Prism beteiligt. Oppositionspolitiker kritisierten sein Schweigen. Die kanadische Datenschutz-Kommissarin Jennifer Stoddart zeigte sich besorgt und kündigte eine Untersuchung an, ob Kanadier von Prism betroffen seien. Kanada arbeitet eng mit den anderen angelsächsischen Staaten USA, Großbritannien, Australien und Neuseeland beim Geheimdienstnetzwerk Five Eyes zusammen.

Die "Washington Post" und der britische "Guardian" hatten in der vergangenen Woche zwei hochgeheime Programme des US-Geheimdienstes NSA zum weitreichenden Zugriff auf Telefon- und Internetdaten enthüllt. US-Präsident Barack Obama verteidigte die Aktivitäten als notwendige Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit, Kritiker sehen einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger.

Obama soll Klartext reden

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert nun von US-Präsident Barack Obama Aufklärung über das Internet-Spähprogramm des US-Geheimdienstes NSA. "Der Verdacht der überbordenden Kommunikationsüberwachung ist so besorgniserregend, dass er nicht im Raum stehen bleiben darf", schrieb die FDP-Politikerin in einem Beitrag für das Internetportal "Spiegel Online". Sie forderte die US-Regierung zu Offenheit und Aufklärung auf. "Alle Fakten müssen auf den Tisch."

"Kurz vor dem Besuch Obamas sind die Deutschen über die Frage beunruhigt, inwieweit die USA den Verkehr im Internet weltweit überwachen", schrieb Leutheusser-Schnarrenberger und fragte: "Stimmt es, wie Medien behaupten, dass faktisch jede Form der Kommunikation im Internet von den USA an der Quelle eingesehen und nachvollzogen werden kann?" Die Justizministerin widersprach zugleich der Aussage Obamas, dass die Bürger nicht 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Privatsphäre und null Unannehmlichkeiten haben könnten. "Ich teile diese Einschätzung nicht. Eine Gesellschaft ist umso unfreier, je intensiver ihre Bürger überwacht, kontrolliert und beobachtet werden", so Leutheusser-Schnarrenberger.

Obama kommt in der kommenden Woche für zwei Tage nach Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ankündigen lassen, dass sie die umstrittene Datensammlung der US-Geheimdienste bei dem Besuch zur Sprache bringen wolle.

Quelle: ntv.de, rts/AFP

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