Dritter Anlauf in NRW Jetzt wird die Ampel geprüft
08.06.2010, 11:06 UhrNach Rot-Rot-Grün und Großer Koalition loten SPD, Grüne und FDP in Düsseldorf die Chancen für eine Ampelkoalition aus. Die inhaltlichen Positionen der drei liegen teilweise weit auseinander. Begleitet wird das Sondierungsgespräch vom Angebot der Linkspartei, SPD-Landeschefin Kraft zur Ministerpräsidentin einer Minderheitsregierung zu wählen.

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Vor den Sondierungsgesprächen über eine Ampelkoalition in Nordrhein-Westfalen haben die Grünen die FDP zu Zugeständnissen aufgefordert. Die Liberalen müssten bereit sein, an einer sozialökologischen Erneuerung des Bundeslandes mitzuwirken, sagte Grünen-Fraktionschefin Silvia Löhrmann im WDR. Die FDP müsse sich in der Bildungspolitik bewegen und den Ausbau der erneuerbaren Energie unterstützen. "Grüne und SPD haben ganz klar gesagt, wir wollen die Studiengebühren abschaffen." Dies sei ein erklärtes Wahlziel. "Da hängt die Latte schon sehr hoch", sagte die Grünen-Verhandlungsführerin.
Laut "Frankfurter Rundschau" sind die Liberalen beim Knackpunkt Studiengebühren womöglich zu einem Kompromiss bereit. Die FDP diskutiere, die Gebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester zu halbieren und durch ein größeres Angebot an Stipendien zu ergänzen. SPD und Grüne wollen allerdings dagegen die von Schwarz-Gelb eingeführten Studiengebühren komplett wieder abschaffen.
Grüne wollen nach vorn sehen
Das Klima zwischen Grünen und FDP in Nordrhein-Westfalen gilt seit einiger Zeit als vergiftet. Grünen-Landeschef Arndt Klocke erklärte, in den Gesprächen werde die FDP erkennen lassen müssen, ob sie für einen Politikwechsel zur Verfügung stehe. Weil SPD und Grünen nur 1200 Stimmen für eine eigene Mehrheit fehlten, gehe es bei der Sondierung mit den Liberalen um ein "Rot/Grün Plus". Die Ökopartei lehnt neue Kohlekraftwerke ab, während die Liberalen darauf nicht verzichten wollen. Einem Jamaika-Bündnis mit der FDP und der CDU haben die Grünen eine Absage erteilt. Programmatische Anknüpfungspunkte mit den Liberalen gibt es laut den Grünen im Bereich der Bürgerrechtspolitik.

Nun will er doch: Mit einer Ampel bekäme FDP-Landeschef Andreas Pinkwart ein Stückchen Macht ab.
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Vergangene Auseinandersetzungen sollen nach den Worten von Klocke aber nicht zum Thema gemacht werden. "Wir Grüne wollen keine ausgiebige Vergangenheitsaufarbeitung zwischen FDP und Grünen, sondern nach vorne schauen, um die Zukunft von NRW zu gestalten." Seine Partei werde "fair und offen" in die Gespräche gehen.
SPD und Grüne kommen am Nachmittag in Düsseldorf zu Sondierungsgesprächen mit der FDP zusammen. Die Freidemokraten hatten sich nach anfänglicher Weigerung in der vergangenen Woche doch dazu bereiterklärt. Löhrmann sagte, die Liberalen um Landeschef Andreas Pinkwart müssten erklären, wo sie Gemeinsamkeiten sähen und was sie erwarteten. Bislang habe die FDP vor allem darüber gesprochen, ob sie überhaupt Gespräche führen wolle. Neben dem Klimaschutz und der Bildungspolitik gehe es auch um die Lage der Gemeinden, die Unterstützung beim Schuldenabbau benötigten. "Das hat natürlich sehr viel mit der Steuer- und Finanzpolitik auch auf Bundesebene zu tun."

Eine Große Koalition ist absolut keine Liebesheirat (SPD-Chefin Hannelore Kraft und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers).
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Eine Koalition von SPD, Grünen und FDP käme auf 103 der 181 Sitze im Landtag. Bei der Wahl am 9. Mai hatte die schwarz-gelbe Regierung unter CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ihre Mehrheit verloren. In der vergangenen Woche waren Sondierungsgespräche zwischen der SPD und der CDU ohne Durchbruch geblieben. Zuvor waren Beratungen der Sozialdemokraten und Grünen mit der Linkspartei gescheitert.
Kraft notfalls zur Minderheitsregierung bereit
SPD-Chefin Hannelore Kraft würde sich notfalls auch an der Spitze einer Minderheitsregierung zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Aus dem SPD-Landesvorstand hieß es laut " Frankfurter Rundschau", für den Fall, dass auch die Gespräche über eine Ampelkoalition nicht erfolgreich sein sollten, würde sich Kraft möglicherweise in geheimer Wahl mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen.

Die Linke (Landesfraktionschefs Bärbel Beuermann und Wolfgang Zimmermann) würde Kraft auf den Chefposten hieven.
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"Als letzte Option vor Neuwahlen würden wir natürlich auch diese Karte ziehen", hieß es dem Blatt zufolge. "Sollte es zu keinen Koalitionsverhandlungen kommen und CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers geschäftsführend weiter regieren, wird sich Kraft wohl zur Wahl stellen", zitierte die "FR" namentlich nicht genannte SPD-Politiker. Dies wäre auch schon mit Blick auf den Bundesrat erforderlich, wo die SPD die bisherige schwarz-gelbe Mehrheit beenden möchte.
Linke bietet Unterstützung an
Linken-Fraktionschef Wolfgang Zimmermann sagte dazu in Düsseldorf, seine Fraktion könnte bei der Ministerpräsidentenwahl für Kraft stimmen und sie später bei einzelnen Themen mit unterstützen. Bei diesem Modell handle es sich nicht um eine Tolerierung, für die eine offizielle, von der Parteibasis abzusegnende Vereinbarung geschlossen werden müsste.
Grünen-Sprecherin Andrea Rupprath sagte, das Angebot der Linken sei für ihre Partei derzeit "kein Thema". Die Grünen wollten "offen und ernsthaft" in die Sondierung mit SPD und FDP gehen. "Das ist das, worüber wir derzeit reden."
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts