Arbeitsmarkt unbeeindruckt Jobmaschine läuft noch
30.09.2008, 10:29 UhrTrotz Konjunkturschwäche und dramatischer Turbulenzen an den Finanzmärkten ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland im September auf den niedrigsten Stand seit knapp 16 Jahren gesunken. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im September 3 081 000 Männer und Frauen ohne Beschäftigung; dies waren 115.000 weniger als im August und 463.000 weniger als vor einem Jahr. Eine geringere Arbeitslosigkeit hatte die Bundesagentur zuletzt während des Wiedervereinigungsbooms im November 1992 registriert. Die Arbeitslosenquote nahm aktuell um 0,2 Punkte auf 7,4 Prozent ab. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 8,5 Prozent gelegen.
BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise rechnet auch in den kommenden Monaten mit einer Fortsetzung des Job-Booms. Bisher zeige sich der Arbeitsmarkt von der Abschwächung der konjunkturellen Dynamik und den Turbulenzen an den Finanzmärkten unbeeindruckt. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz führt den Rückgang der Arbeitslosigkeit vor allem auf die Arbeitsmarkt-Reformen zurück. "Diese Zahlen machen Mut und zeigen, dass die arbeitsmarktpolitischen Reformen nachhaltig wirken. Aber wir müssen für die Zukunft gewappnet sein", hieß es in einer Stellungnahme.
Rentnereffekt
Als Ursache für den Rückgang der September-Arbeitslosigkeit führt die Bundesagentur neben saisonalen Gründen und konjunkturellen Effekten auch die wachsende Zahl älterer Menschen an, die aus dem Berufsleben ausscheiden. So wechselten inzwischen deutlich mehr Männer und Frauen in den Ruhestand als junge Menschen auf den Arbeitsmarkt drängten. Im Saldo werde dadurch der Arbeitsmarkt in diesem Jahr um rund 80 000 entlastet, im kommenden Jahr sogar um 130 000.
Als Hinweis für die unveränderte gute Lage auf dem Arbeitsmarkt bewertet die BA-Führung auch die steigende Beschäftigung. So sei die Zahl der Erwerbstätigen zuletzt (im August) um 94 000 auf 40,4 Millionen gestiegen, teilte die Bundesagentur mit. Im Vergleich zum Vorjahr habe die Erwerbstätigkeit um 545 000 zugenommen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag zuletzt (im Juli) nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit bei 27,4 Millionen, im Vergleich zum Vorjahr war das ein Zuwachs von 586 000.
Mit gravierenden Auswirkungen der Finanzkrise auf den Arbeitsmarkt rechnet Weise auch für das kommende Jahr nicht. Zwar werde der Finanzsektor selbst betroffen sein; schon jetzt gebe es dort zahlreiche Entlassungen. "Auf den gesamten Arbeitsmarkt wird es aber keine Auswirkungen haben - es sei denn, es entstehen dadurch Finanzierungsprobleme für mittelständische Unternehmen", gab Weise zu bedenken. "Das würde zu Rückschlägen führen, weil vom Mittelstand traditionell viele Arbeitsplätze geschaffen werden", fügte der BA- Chef hinzu. Bislang rechneten Ökonomen aber nicht mit einer solchen Entwicklung.
Weiter sinkend
Für das kommende Jahr erwartet er daher eine Fortsetzung des aktuellen Arbeitsmarktaufschwungs: "Ich gehe davon aus, dass die Arbeitslosigkeit auf dem Niveau von 2008 bleiben, vielleicht sogar sinken wird". Das zur BA gehörende Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte in den vergangenen Tagen unter dem Eindruck der sich eintrübenden Konjunktur seine Prognose für 2009 korrigiert. Das BA-Forschungszentrum rechnet inzwischen mit einer durchschnittlichen Jahresarbeitslosigkeit von 3,22 Millionen; bisher war das IAB für 2009 von 3,163 Millionen Erwerbslosen ausgegangen - nach durchschnittlich 3,26 Millionen in diesem Jahr.
BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt ist dennoch zuversichtlich, dass die Zahl der Arbeitslosen im Zuge des Herbstaufschwungs im Oktober auf einen Wert von unter drei Millionen sinken wird. "Wenn die Rahmenbedingungen so bleiben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Marke von drei Millionen unterschritten wird", sagte er.
Quelle: ntv.de