"Keine Rechenschaft schuldig"Justizministerin Hubig lehnt Klarnamenpflicht im Internet ab

Der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, spricht sich für eine Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken aus. Justizministerin Stefanie Hubig betont, dass das Grundgesetz auch kontroverse und unter Pseudonym geäußerte Meinungen schütze. Doch auch im digitalen Raum habe die Meinungsfreiheit Grenzen.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hat sich gegen eine staatlich angeordnete Klarnamenpflicht im Internet ausgesprochen. "Wer eigene Meinungen oder Erfahrungen anonym oder unter Pseudonym äußern möchte, ist dafür keine Rechenschaft schuldig", sagte sie dem "Tagesspiegel".
Zuvor hatten sich unter anderem Bayerns Digitalminister Fabian Mehring und der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, für eine solche Pflicht ausgesprochen. Dafür wären Änderungen auf Bundesebene nötig.
Hubig ergänzte, das "berechtigte Interesse an dauerhafter Anonymität" ende jedoch dort, "wo Straftaten begangen werden". Auch im digitalen Raum habe die Meinungsfreiheit Grenzen. Es sei deshalb wichtig, "dass kriminelle Äußerungen im Internet verfolgt werden und Täter zur Rechenschaft gezogen werden können." Dafür brauche es aber keine Klarnamenpflicht. Wenn die Identität von Straftätern im Nachhinein ermittelt werden könne, sei das ausreichend.
Hubig: Grundgesetz schützt "gerade auch die kontroverse Meinung"
Mehring hatte gesagt, das Recht auf freie Meinungsäußerung beinhalte keinen Anspruch auf Anonymität. "Man muss schon zu seinen Äußerungen stehen - analog wie digital." Was am Stammtisch kriminell sei, müsse auch im Netz sanktioniert werden können. Eine Klarnamenpflicht in den sozialen Medien könne seiner Ansicht nach die Diskurskultur im Netz zivilisieren. Wer wisse, dass sein Handeln nicht folgenlos bleibe, verhalte sich verantwortungsvoller.
So ähnlich hatte auch Voßkuhle argumentiert und erklärt, dass er eine solche Pflicht für "nicht ganz einfach" halte, aber für "verfassungsrechtlich zulässig". Hubig sagte: "Bei der Auslegung des Strafrechts muss dem Grundrecht der Meinungsfreiheit Rechnung getragen werden." Das Grundgesetz schütze "gerade auch die kontroverse Meinung und die polemische Zuspitzung".