Entlastungen und weniger Bürokratie Kabinett billigt Mini-Steuerreform
02.02.2011, 18:06 UhrDas Bundeskabinett verabschiedet nach langem Streit die vereinbarten Steuervereinfachungen. Vor allem die Anhebung des Pauschbetrags soll die Steuerzahler entlasten. Auch die Absetzung der Kinderbetreuungskosten wird vereinfacht. Die Opposition spricht von der "großen Lebenslüge der Koalition". Nun geht das Gesetz in die parlamentarischen Beratungen.
Die Bundesregierung hat die von der Koalition verabredeten Steuervereinfachungen auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte den Gesetzentwurf, der Erleichterungen bei der Steuererklärung vorsieht und die Bürger um etwa 600 Millionen Euro entlasten soll. Die Opposition kritisierte das Gesetz als unzureichend.
Der Pauschbetrag für die Werbungskosten von Arbeitnehmern steigt mit dem neuen Gesetz von 920 Euro auf 1000 Euro, und zwar bereits in diesem Jahr. Die Netto-Entlastung beläuft sich auf maximal 36 Euro. Insgesamt kostet die Erhöhung des Pauschbetrages den Bund 330 Millionen Euro, die sich aber erst im kommenden Jahr im Haushalt niederschlagen. Vereinfachungen gibt es auch bei den Angaben zur Kinderbetreuung, der Pendlerpauschale oder der Abgeltungssteuer. Wegen der Steuervereinfachungen hatte es Streit in der schwarz-gelben Koalition gegeben. Denn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von der CDU hatte lange darauf beharrt, viele der Maßnahmen erst 2012 umzusetzen, um den Etat für das laufende Jahr nicht zu belasten.
Steuererklärung alle zwei Jahre
Mit dem neuen Gesetz könnten künftig alle Eltern Kinderbetreuungskosten steuerlich absetzen, erklärte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder in Berlin. Damit werde für sie eine echte finanzielle Entlastung geschaffen. Gleichzeitig würden Betreuungskosten vom Einkommen abgezogen, wenn es um die Berechnung des Anspruchs etwa auf Bafög oder Wohngeld gehe. "So profitieren Familien doppelt", erklärte die CDU-Ministerin. Bürger sollen zudem wählen können, ob sie ihre Einkommensteuererklärung nur noch alle zwei Jahre abgeben wollen. Darüber hinaus sollen mehrere Regelungen des Steuerrechts für Unternehmen vereinfacht und damit Bürokratielasten abgebaut werden.
Die Unionsfraktion kündigte an, das Gesetz solle noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach gebracht werden. Bei den anstehenden Beratungen werde die Union "sämtliche Maßnahmen intensiv prüfen und sich überall dort, wo es erforderlich wird, für weitere Verbesserungen einsetzen", erklärten die CDU-Abgeordneten Klaus-Peter Flosbach und Antje Tillmann.
"Die große Lebenslüge der Koalition"
"Das von der Bundesregierung mit viel Getöse beschlossene Steuervereinfachungsgesetz wird der eigenen Zielsetzung in keiner Weise gerecht", erklärte indes die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Nicolette Kressl. Schwarz-Gelb komme mit dem Gesetz "über Einzelmaßnahmen von geringer oder allenfalls mittlerer Reichweite nicht hinaus". SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann fügte hinzu: "Mehr Netto vom Brutto ist die große Lebenslüge der Koalition."
"Was die Bundesregierung als Steuervereinfachung und sogar als Entlastung zu verkaufen versucht, ist nichts weiter als eine Luftnummer", erklärte die Linken-Steuerexpertin Barbara Höll. Die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags auf 1000 Euro werde bestenfalls eine Entlastung von drei Euro im Monat bringen. Die Beschlüsse der Koalition zur Steuervereinfachung entlasteten weder die Wirtschaft, noch die Bürger, noch die Verwaltung, erklärte Grünen-Finnazexpertin Lisa Paus. "Sie sollen vor allem die FDP vor dem weiteren Absturz bewahren."
Auch der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine beurteilt die Anhebung kritisch. Dies sei nicht einmal ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, sagte Verbandsgeschäftsführer Erich Nöll. Gemessen an den Gesamtkosten für den Staatshaushalt "kostet das viel, bringt aber nichts". Allerdings seien im Gesamtpaket zur Steuervereinfachung "ein paar gute Ansätze" enthalten.
Quelle: ntv.de, AFP/rts