Wahlkampf im Hochwasser Kaczynski in neuem Gewand
24.05.2010, 15:57 Uhr
Tausende sind gekommen und hören Worte wie "Solidarität" von ihrem Idol.
(Foto: REUTERS)
Von Europafeindlichkeit und Kommunistenhass keine Spur mehr: Der nationalkonservative ehemalige polnische Regierungschef Jaroslaw Kaczynski will das Erbe seines verstorbenen Bruders antreten und Präsident werden. Im Hochwasser von Weichsel und Oder sind Worte wie "Solidarität" und "gute große Zukunft" zu hören.
Der nationalkonservative Bewerber für das Präsidentenamt in Polen, Jaroslaw Kaczynski, hat bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Tod seines Zwillingsbruders Solidarität mit den Flutopfern gefordert. In der Krise stehen Polen zusammen, mahnte Kaczynski vor seinen Anhängern in Warschau. "Die Solidarität ist unsere große Stärke", betonte der 60-jährige Oppositionsführer. Das könne dem Land eine "gute große Zukunft" bringen. "Wir werden siegen", riefen seine Anhänger. Statt einer ursprünglich geplanten politischen Kundgebung gab es ein Wohltätigkeitskonzert für die Hochwasseropfer.

Kaczynski könnte die Trauer um seinen toten Bruder und das Hochwasser einige wichtige Punkte einbringen.
(Foto: AP)
Nach dem Tod von Präsident Lech Kaczynski beim Flugzeugabsturz vor eineinhalb Monaten soll am 20. Juni ein neues Staatsoberhaupt gewählt werden. Ursprünglich sollte die Wahl im Herbst stattfinden. Seit Anfang dieser Woche haben Hochwasserfluten weite Landstriche Polens verwüstet. Rund 100.000 Haushalte sind betroffen, zwölf Menschen kamen ums Leben.
Kaczynski präsentiert sich gewandelt
Nach dem Tod seines Bruders hatte Jaroslaw Kaczynski wochenlang die Öffentlichkeit gemieden. Zu politischen Themen äußerte er sich nur noch im Internet oder in Zeitungen. Er wandte sich dabei von seinen früheren Positionen, darunter einer radikalen Abrechnung mit den Kommunisten, ab und sprach sich für eine Kooperation mit der Regierung von Donald Tusk, seinem politischen Hauptgegner, aus. Als Regierungschef hatte der Politiker noch vor wenigen Jahren als Scharfmacher agiert und Tusk mit allen Mitteln bekämpft.
Komorowski noch deutlich vorn
Mit dem neuen Versöhnungskurs konnte Kaczynski gegen den liberalkonservativen Favoriten bei der Präsidentenwahl, Bronislaw Komorowski, punkten. Komorowskis Partei, die Bürgerplattform (PO), war auf eine Konfrontation mit den Nationalkonservativen vorbereitet und hatte Probleme, sich auf einen völlig gewandelten Gegner einzustellen. In den vergangenen Tagen konnte Komorowski seinen Vorsprung wieder ausbauen. Nach einer Umfrage der "Gazeta Wyborcza" würde Komorowski aktuell 49 Prozent, Kaczynski 31 Prozent der Stimmen erhalten.
Quelle: ntv.de, dpa