Polnisches Koalitionsgerangel Kaczynski verliert die Geduld
31.07.2007, 10:16 UhrDie seit Wochen schwelende Regierungskrise in Polen soll mit einer vorgezogenen Neuwahl des Parlaments beendet werden. Als möglichen Termin nannten Staatspräsident Lech Kaczynski und Regierungschef Jaroslaw Kaczynski das Frühjahr 2008. Regulär würde 2009 ein neuer Sjem gewählt. Mit der Berufung eines neuen Landwirtschaftsministers aus den Reihen der eigenen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) verschärfte der Ministerpräsident den Koalitionsstreit noch weiter.
Eine vorzeitige Parlamentswahl sei notwendig, sagte Lech Kaczynski in einem Interview der Zeitung "Gazeta Wyborcza". Daran führe kein Weg vorbei, betonte er mit Blick auf den Streit zwischen den Koalitionspartnern in der Regierung seines Zwillingsbruders Jaroslaw. Auch der Ministerpräsident bezeichnete eine Neuwahl als die beste Lösung, um die Allianz seiner PiS mit Partnern zu beenden, die auf den Bruch der Regierung hinarbeiteten.
Lepper entlassen
Auslöser der jüngsten Regierungskrise war die Entlassung des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Landwirtschaftsministers Andrzej Lepper von der Partei Selbstverteidigung (SO). Der Regierungschef warf seinem Vize Korruption vor. Die SO, deren Vorsitzender Lepper ist, drohte daraufhin mit dem Auszug aus der Regierung. Später erklärte sich die Partei unter Bedingungen zum Verbleib in der Koalition bereit. Würde die SO aus der Regierungskoalition ausscheiden, verlöre Kaczynskis Partei die Mehrheit im Parlament. Sie könnte dann noch auf maximal 203 der 460 Abgeordneten im Sjem zählen. Die SO stellt 46 Parlamentarier.
Mojzesowicz vereidigt
Als Nachfolger Leppers wurde am Dienstag Wojciech Mojzesowicz vereidigt, ein ehemaliges Mitglied von Leppers SO, der 2006 der PiS beitrat. Aus Protest gegen Mojzesowicz' Ernennung wolle die Parteiführung der SO über einen möglichen Austritt ihrer Minister aus der Regierung nachdenken, sagte ein Sprecher. Ministerpräsident Kaczynski erklärte dazu, die SO habe einen nicht ausreichend qualifizierten Kandidaten für den Posten vorgeschlagen.
Erst am vergangenen Freitag hatte sich der Koalitionsstreit zugespitzt. Grund war die Entlassung des Chefs des Amtes für Europäische Integration, Daniel Pawlowiec, und des Chefs einer Agrarbehörde, Pawel Osuch. Beide waren von den kleinen Koalitionspartnern ausgewählt worden. Die Vorsitzenden der Selbstverteidigungspartei und der Liga polnischer Familien sprachen vor zwei Wochen über eine Parteifusion, um ihr Gewicht in der Regierung zu stärken.
Quelle: ntv.de