Politik

Missbrauch in der Kirche "Kampagne gegen den Papst"

Der Vatikan weist die Anschuldigungen gegen den Papst zurück. Die "Osservatore Romano" spricht von einer "Diffamierungskampagne", die um die Missbrauchsfälle konstruiert werde. Derweil entschuldigt sich das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche für seine Angriffe auf die irische katholische Kirche.

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(Foto: AP)

Mit scharfen Worten hat der Vatikan die Vorwürfe gegen Papst Benedikt XVI. im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche zurückgewiesen. Die offizielle Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" titelt: "Plumpe Kampagne gegen den Papst und die Katholiken". Die Zeitung spricht von "verleumderischen Angriffen" und einer "Diffamierungskampagne", die um die Missbrauchsfälle konstruiert werde. Das Sprachrohr des Vatikans verweist zudem auf zahlreiche Solidaritätsschreiben, die den Papst von Bischöfen aus aller Welt erreichten.

Die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche überschatten in diesem Jahr die Osterfeierlichkeiten. Der Papst steht in der Kritik, weil er bislang noch keine offizielle Erklärung zu den Fällen in Deutschland abgegeben hat.

US-Medien hatten Ende März zudem berichtet, der damalige Kardinal Joseph Ratzinger habe in den 90er Jahren als Präfekt der Glaubenskongregation nichts gegen einen Priester in den USA unternommen, der Jahrzehnte zuvor bis zu 200 gehörlose Jungen missbraucht haben soll. Der Vatikan hatte den Vertuschungsvorwurf zurückgewiesen und erklärt, Benedikt XVI. habe in jenem Fall "Transparenz, Entschlossenheit und Strenge" bewiesen.

Anglikanischer Bischof entschuldigt sich

Das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche entschuldigte sich unterdessen für seine Angriffe auf die irische katholische Kirche. Er habe auf keinen Fall die Absicht gehabt, die katholische Kirche zu kritisieren oder anzugreifen, sagte der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams. Williams hatte zuvor für Aufregung gesorgt, weil er in einem Interview mit dem Sender BBC in ungewöhnlich drastischen Worten gesagt hatte, Irlands katholische Kirche habe durch den Missbrauchsskandal "all ihre Glaubwürdigkeit" verloren.

Der Erzbischof von Canterbury bereut die Schwierigkeiten, die er mit seiner Kritik an Irlands Kirche ausgelöst hat.

Der Erzbischof von Canterbury bereut die Schwierigkeiten, die er mit seiner Kritik an Irlands Kirche ausgelöst hat.

(Foto: dpa)

Williams hatte sich dem Sender zufolge zum ersten Mal überhaupt zu dem Skandal geäußert, der seit Jahren die irische katholische Kirche erschüttert. Jahrzehntelang sollen Kinder von Priestern und Mitarbeitern misshandelt und missbraucht worden sein. Die Aufdeckung der Taten sei für ganz Irland ein "kolossales Trauma", sagte Williams in dem Gespräch, das am Ostermontag ausgestrahlt werden sollte.

Nachdem ihn sogar Angehörige seiner eigenen Konfession für die Aussagen kritisiert hatte, ruderte Williams zurück. Er habe den katholischen Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, angerufen und "sein tiefes Bedauern und seine Reue für die Schwierigkeiten, die er ausgelöst haben könnte" ausgedrückt, sagte eine Sprecherin. Williams habe nicht die katholische Kirche Irlands als Ganzes angreifen wollen. Er erkenne an, dass die Kirche Irlands weiterhin unermüdlich daran arbeite, den Missbrauchs-Skandal aufzuklären.

Erzbischof Martin hatte schockiert auf Williams Aussagen reagiert. Die Anschuldigungen erschütterten die Menschen, die derzeit dafür kämpften, dass die Missbrauchsfälle aufgedeckt und die Täter bestraft würden. Er wolle in Zukunft weiterhin für die Ökumene eintreten. Auch der anglikanische Erzbischof von Dublin, John Neill, kritisierte seinen direkten Kollegen Williams. Er habe von dessen Aussagen "mit tiefem Bedauern" gehört. Er selber werde die Aufklärungsarbeit der katholischen Kirche weiter unterstützen.

Vatikan distanziert sich

Der Vatikan distanzierte sich derweil nach öffentlichen Protesten von einem Antisemitismus-Vergleich, den der persönliche Prediger des Papstes nach Angriffen auf die Kirche wegen des Missbrauchskandals gezogen hatte. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte, es handele sich bei den Äußerungen von Raniero Cantalamessa nicht um die offizielle Position des Vatikan. Cantalamessa hatte die Kritik an der Kirche mit dem Antisemitismus verglichen, Vertreter des Judentums reagierten empört.

Der "persönliche Prediger des Papstes" hat Kritik an der katholischen Kirche mit dem Antisemitismus verglichen.

Der "persönliche Prediger des Papstes" hat Kritik an der katholischen Kirche mit dem Antisemitismus verglichen.

(Foto: dpa)

Der persönliche Prediger von Papst Benedikt XVI. hatte am Karfreitag bei einem Gottesdienst im Petersdom, an dem auch der Papst teilnahm, einen Auszug aus dem Brief eines jüdischen Freundes vorgelesen. In der Missbrauchsdebatte würden Stereotypen verwendet und die persönliche und kollektive Verantwortung verwechselt, zitierte Cantalamessa aus dem Brief. Das erinnere an die "schändlichsten Aspekte des Antisemitismus". Der Autor erklärte zudem, er habe die Attacken gegen die Kirche und den Papst mit Empörung verfolgt.

Vatikan räumt "Missverständnisse" aus

"Die Angriffe gegen den Papst wegen des Pädophilieskandals in die Nähe des Antisemitismus zu rücken, ist nicht die Linie des Heiligen Stuhls", sagte Vatikan-Sprecher Lombardi dem Sender Radio Vatikan. Cantalamessa habe zwar lediglich die Solidaritätsbekundung eines Juden "im Licht der besonderen Leidenserfahrung seines Volkes" bekannt machen wollen. Durch das Zitat hätten jedoch "Missverständnisse" entstehen können, räumte Lombardi ein.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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