Risiken gegen Biotechnologie Karlsruhe prüft Gentechnik-Gesetz
23.06.2010, 22:12 Uhr
Klare Botschaften an die Biotechnologie-Branche.
(Foto: APN)
In der Verhandlung über das Gentechnikgesetz warnen Umweltexperten vor dem Bundesverfassungsgericht eindringlich vor den Risiken genmanipulierter Pflanzen. Die Gentechnik-Lobby betont hingegen der Biotechnologie-Branche in Deutschland.
Die Bundesregierung hat das umstrittene Gentechnikgesetz zum Schutz der konventionellen Landwirtschaft vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigt. Das Gesetz habe sich seit 2005 in der Praxis bewährt und sichere die Koexistenz von gentechnischer und konventioneller Landwirtschaft sowie den Schutz der Umwelt, sagte Staatssekretär Robert Kloos aus dem Bundesministerium für Landwirtschaft.
Das von der Landeregierung Sachsen-Anhalts angegriffene Gesetz schreibt unter anderem breite Schutzzonen zwischen Feldern mit Gentech-Anbau und herkömmlich bestellten Äckern vor. Überdies haften Gentech-Bauern für die gentechnische Verunreinigung herkömmlich bestellter Nachbarfelder. Grundstücke, auf welchen Gentechnik zum Einsatz kommt, müssen zudem in ein Standortregister eingetragen werden.
Sachen-Anhalt sieht darin einen unzulässigen Eingriff in die Berufs- und Eigentumsfreiheit der Bauern sowie Pflanzenzüchter und wurde mit seiner Haltung von verschiedenen Verbänden unterstützt.
Gen-Lobby fühlt sich benachteiligt

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Christoph Herrlinger vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter sagte, die Züchter hierzulande könnten die "überzeugenden Möglichkeiten grüner Gentechnik" nicht nutzen, weil die Haftungsregeln im Gesetz viel zu weit gingen. So seien die Schutzabstände von 150 Metern zu konventionell bestellten Feldern und 300 Metern zum ökologischen Landbau viel zu groß. Die kleinräumige deutsche Landwirtschaft werde damit "gentechnikfrei gemacht". Zudem sei derzeit auch keine deutsche Versicherung bereit, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu versichern, weil unklar sei, wie weit das Haftungsrisiko reicht.
Ricardo Gent von der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie und Patricia Schmitz-Möller von der Deutsche Forschungsgemeinschaft warnten davor, dass Deutschland seinen Vorsprung in der Forschung und der Produktion gentechnisch veränderter Produkte wegen des restriktiven Gesetzes verlieren könnte. Gent zufolge verlegen Biotechnologie-Unternehmen und Universitäten ihre Aktivitäten deshalb bereits ins Ausland.
Naturschützer warnen vor Langfristfolgen
Demgegenüber betonte Detlef Bartsch vom Bundesamt für Verbraucherschutz die Bedeutung der gesetzlichen Schutzbestimmungen. Das Risiko etwa der unkontrollierten Ausbreitung genmanipulierter Pflanzen könne "nie auf Null" gebracht werden, sagte Bartsch. Beate Jessel vom Bundesamt für Naturschutz warnte vor den "langfristig unabsehbaren ökologischen Folgen" des sogenannten Auskreuzens gentechnisch veränderter Pflanzen.
Jessel nannte als Beispiel den von 2004 bis 2008 auch in Deutschland angebauten und derzeit von der EU erneut überprüften Genmais Mon 810. Dem Mais sei genetisch ein bakterielles Gift übertragen worden, um den Schädling Maiszünsler zu töten. Das Gift habe neueren Erkenntnissen zufolge aber auch negative Auswirkungen auf Bienen, Schmetterlinge, Wasserinsekten oder Bodenbakterien die mit Maispollen oder andern Pflanzenteilen in Kontakt kommen. Die gesetzlichen Auflagen zu Schutzabständen und dem Standortregister seien insoweit auch deshalb nötig, weil der Gesetzgeber zum "umweltschützenden Handeln" und zur Vorsorge verpflichtet ist.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP