Getötete Soldaten in Afghanistan Karsai kündigt Untersuchung an
20.02.2011, 11:47 Uhr
In der heimatlichen Kaserne der drei getöteten Soldaten im niederbayerischen Regen wehen die Fahnen auf Halbmast.
(Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Merkel ist besorgt - ein afghanischer "Kamerad" erschoss drei Bundeswehrsoldaten in einem Außenposten, mehrere wurden verletzt. Afghanistans Präsident Karsai will den Vorfall untersuchen lassen. Unabhängig vom Ausgang will die Bundeswehr ihre Strategie nicht ändern. Es gebe "keine Alternative", sagen Politiker einhellig.
Nach dem blutigen Angriff eines afghanischen Rekruten auf Bundeswehr-Soldaten hat Afghanistans Präsident Hamid Karsai eine Untersuchung versprochen. In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Karsai sein Bedauern über den Tod der drei deutschen Soldaten übermittelt, erklärte die Bundesregierung am Wochenende. Die verletzten Soldaten sollen nach Deutschland ausgeflogen werden.
Karsai habe der Kanzlerin versichert, dass die deutschen Soldaten in Afghanistan sehr beliebt seien, hieß es in Berlin. Die Zusammenarbeit der Streitkräfte verlaufe sehr harmonisch, habe der afghanische Präsident betont.
Ein Soldat der afghanischen Armee hatte am Freitag innerhalb des Außenpostens "Operation Point North" in der Provinz Baghlan das Feuer auf deutsche Soldaten eröffnet. Ein 30-jähriger Hauptfeldwebel, ein 22-jähriger Stabsgefreiter und ein 21-jähriger Hauptgefreiter eines Panzergrenadierbataillons aus Bayern starben. Sechs weitere deutsche Soldaten wurden verletzt, zwei von ihnen schwer. Ihr Zustand ist nach Angaben des Einsatzführungskommandos in Potsdam "kritisch, aber stabil".
Die verwundeten Soldaten sollen in einem Rettungs-Airbus der Luftwaffe nach Deutschland gebracht werden. Außerdem mit an Bord sollten vier deutsche Soldaten sein, die am Freitag beim Beschuss ihrer Patrouille in der Provinz Kundus verwundet wurden. Die getöteten Soldaten sollen am Montag nach Deutschland übergeführt werden, zuvor ist eine Trauerfeier im Lager Masar-i-Scharif geplant.
Angreifer zum Wachdienst eingeteilt
Es war die schlimmste Attacke auf die Bundeswehr in Afghanistan seit fast einem Jahr. Der Angreifer, der ebenfalls ums Leben kam, war in dem Feldlager nach Angaben der Bundeswehr zum Wachdienst eingesetzt. Auf dem Weg von seinem Posten zurück ins Lager schoss er eine Gruppe deutscher Soldaten nieder, die mit Wartungsarbeiten an Schützenpanzern beschäftigt waren.
Die enge Zusammenarbeit von internationalen und einheimischen Soldaten ist Teil der neuen Strategie der NATO-Truppe ISAF zum Aufbau der afghanischen Streitkräfte, die bis Ende 2014 die Sicherheitsverantwortung vollständig übernehmen sollen. Das sogenannte Partnering bedeutet, dass deutsche und afghanische Einheiten Seite an Seite kämpfen und zum Teil auch in Lagern zusammenleben. Die einheimischen Soldaten sollen auf diesem Weg besser ausgebildet werden.
"Keine Alternative" zum Partnering
Ungeachtet des Angriffs vom Freitag halten deutsche Politiker am Partnering fest. Die Oberkommandierenden in Afghanistan hätten von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass das Konzept gefährlich sei, sagte FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Zum Partnering gebe es aber "leider keine Alternative". Omid Nouripour, Verteidigungsexperte der Grünen, betonte, dass eine "möglichst enge Zusammenarbeit" eine der Voraussetzungen für die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen sei.
SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold warnte im "Tagesspiegel" vor einem generellen Misstrauen deutscher Ausbilder gegenüber ihren einheimischen Rekruten. Zugleich forderte er, dass "möglichst viele Informationen von Geheimdiensten und anderen Stellen über die Menschen eingeholt werden, mit denen es die Soldaten zu tun haben." Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte ebenfalls davor gewarnt, das Partnering in Frage zu stellen. Dies würde dem Gegner "in die Hände spielen".
Quelle: ntv.de, AFP