Geldbringende Diagnosen Kassen und Ärzte unter Verdacht
22.01.2009, 15:50 UhrDie Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wirft Krankenkassen vor, Mediziner für geldbringende Diagnosen Prämien zu zahlen. Sie wollten damit mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds bekommen. Es gebe bereits Fälle, in denen gesetzliche Kassen dafür zehn Euro zahlten, berichtet "Bild". Die gesetzlichen Krankenkassen entgegneten, dass Ärztevertreter für die richtige Angabe der Diagnosen Zusatzgeld von Kassen verlangt hätten. Die Kassen und das Bundesgesundheitsministerium forderten die KBV auf, Kassen mit betrügerischen Absichten zu benennen, wenn es solche gebe. Dann könne juristisch gegen sie vorgegangen werden.
"Kassenvertreter versuchen, Ärzte zu ködern, um Diagnosen zu korrigieren", sagte KBV-Chef Andreas Köhler. Das könne Ärzte zu Fehldiagnosen verleiten. "Das Problem ist bundesweit zu beobachten und wird immer größer." KBV-Sprecher Roland Stahl erläuterte, betroffen sein könnten chronisch Kranke. "Wir warnen davor, dass Kassen gegen die Zahlung von Prämien versuchen, Ärzte zu bewegen, Patienten auf dem Papier kränker zu machen", sagte Stahl. Hintergrund ist, dass Kassen für Versicherte mit einer oder mehreren von 80 Krankheiten höhere Zuweisungen aus dem Fonds bekommen. Dafür müssen Chroniker aber genau eine oder mehrere der vorgegebenen Diagnosen erfüllen.
Konkrete Fälle nicht benannt
Die Vorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris Pfeiffer, sagte: "Konkrete Fälle, dass Ärzte Diagnosen absichtlich falsch aufschreiben, um von einer Krankenkassen zusätzliches Geld zu bekommen, sind nicht bekannt." Wenn es Fälle gibt, wo sich Ärzte von Kassen schmieren lassen, dann wären Aufsichten oder Justiz gefragt. Auch das Gesundheitsministerium forderte die KBV auf, "Ross und Reiter zu nennen und zu sagen, welche Kasse das wo und wann so praktiziert", wie Sprecher Klaus Vater sagte. "Es kann nicht sein, dass man einen ganzen Berufsstand so unter Generalverdacht stellt." Schmidt hatte die Kassen davor gewarnt, Krankheiten auf dem Papier zu übertreiben, um mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds zu bekommen. "Das ist Betrug, und dagegen wird auch die Aufsicht vorgehen", sagte Schmidt.
Der erweiterte Finanzausgleich zwischen den Kassen je nach Krankheitszustand ihrer Versicherten zählt zu den zentralen Veränderungen durch den Fonds. Früher waren Krankenkassen mit vielen Älteren und Kränkeren wegen hoher Ausgaben gegenüber Kassen mit vielen Gesunden benachteiligt.
Quelle: ntv.de