Terroranschlag in Jerusalem Kein Einmarsch in Bethlehem
21.11.2002, 07:03 UhrVon n-tv Korrespondent Ulrich W. Sahm
Am Checkpoint 300 zwischen Jerusalem und Bethlehem herrschte gähnende Leere. Kein einziges Militärfahrzeug war zu sehen und auch auf den Feldern am Elias Kloster, die vor dem Einmarsch in die Geburtsstadt Jesu als provisorische Parkplätze für Panzer dienten, sprießt nur Unkraut.
Behauptungen über einen israelischen Einmarsch in Bethlehem als "Vergeltung" für den Anschlag vom Vormittag wurden offiziell vom Militärsprecher dementiert.
Drei Stunden lang beriet sich Ministerpräsident Ariel Scharon mit Verteidigungsminister Schaul Mofas, dem Minister für innere Sicherheit und den Militärspitzen. Weil Scharon schon vom Kabinett ein Mandat habe, Reaktionen zu beschließen, sei eine Regierungssitzung überflüssig.
Die konkreten Maßnahmen wurden nicht im Einzelnen veröffentlicht, doch hieß es aus der Regierung, dass alle Vorschläge für eine Ausweisung Arafats oder für einen massiven Einmarsch etwa im Gazastreifen, um dort die Hamas und die Dschihad-Islami-Organisation zu zerschlagen, zurückgewiesen worden seien. Vielmehr sei beschlossen worden, gezielt und nur lokal gegen die Verantwortlichen für den Anschlag vorzugehen.
Der stolze Vater des "Märtyrers" Naim Asmi Abu Hilail, 26, aus dem Dorf el Khader bei Bethlehem darf wohl damit rechnen, dass schon bald israelische Bulldozer sein Trauerzelt und das Haus der Familie niederreißen werden.
Noch suchen die Israelis nach den Helfershelfern, die Abu Hilail den Sprenggürtel übergeben und ihn möglicherweise nach Jerusalem gebracht haben. Weiter hieß es, dass die israelische Armee wegen der übrigen Aktivitäten in Hebron, Nablus und in anderen Städten "bis an die Grenze ihrer Kapazitäten" eingesetzt sei.
Eine größere Militäraktion würde die Einberufung von Reservisten bedeuten, was die Regierung auch aus wirtschaftlichen Gründen vermeide. Wegen der bevorstehenden Parlamentswahlen wolle Scharon jetzt auch keine militärpolitischen "Abenteuer" ausprobieren, wie einen Einmarsch im Gazastreifen, weil das Israel "in Komplikationen verwickeln könnte". Ebenso vermeide Israel größere Aktionen, um die US-Amerikaner nicht bei ihren Vorbereitungen für einen möglichen Irak-Krieg zu stören.
Quelle: ntv.de