Deutsch-tschechische Geschichte Kein Geld für Vertriebene
29.07.2002, 17:48 UhrTschechiens neuer Außenminister Cyril Svoboda lehnt eine Entschädigung der Sudetendeutschen von Seiten der Prager Regierung kategorisch ab. Dies sei "ein geschlossenes Kapitel", über das Tschechien nicht verhandeln werde, sagte der Christdemokrat der Prager Wochenzeitung "Respekt".
Dies heiße nicht, dass es generell unmöglich sei, mit Repräsentanten von Staaten über "sensible Punkte" zu sprechen, sagte Svoboda. Eine "humanitäre Geste" gegenüber Vertriebenen lehnte der 45-Jährige aber ebenfalls ab. Schließlich habe sich Präsident Vaclav Havel im Januar 1990 für die Vertreibung entschuldigt, unterstrich Svoboda.
Zudem heiße es in der deutsch-tschechischen Aussöhnungserklärung von 1997, dass beide Staaten die bilateralen Beziehungen nicht mit der Vergangenheit belasten wollten. In der Erklärung hatte sich Tschechien auch für Exzesse entschuldigt, die während der "wilden Vertreibung" kurz nach dem Zweiten Weltkrieg an Deutschen begangen worden waren.
Massaker wurden vertuscht
In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatten führende Politiker der Tschechoslowakei versucht, diese Gewalttaten zu vertuschen. So habe der damalige Regierungschef Klement Gottwald 1947 in einem jetzt entdeckten Brief eine behördliche Kommission aufgefordert, ein Massaker an mehreren hundert Sudetendeutschen im Juni 1945 in dem böhmischen Ort Postoloprty (Postelberg) "aus Staatsinteresse nicht genau zu untersuchen", sagte ein Polizeisprecher der Tageszeitung "Mlada fronta Dnes".
Der Kommunist Gottwald war von 1948 bis 1953 Präsident der Tschechoslowakei. Auch Fotos des Massakers in Postoloprty seien in den 60er Jahren vermutlich vom Prager Geheimdienst aus dem Museum der böhmischen Stadt Zatec (Saaz) entfernt worden und spurlos verschwunden, sagte der Sprecher. Zwischen 1945 und 1948 waren mehr als 2,5 Millionen Angehörige der deutschen Minderheit aus der Tschechoslowakei vertrieben worden. Dabei kamen laut einer bilateralen Historikerkommission etwa 30.000 Menschen ums Leben.
Quelle: ntv.de