Änderung am Grundgesetz? Kein Steuergeld für NPD
19.11.2008, 15:10 UhrDer rechtsextremen NPD soll mit dem Ausschluss aus der Parteienfinanzierung der Geldhahn zugedreht werden. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) schlug dafür in Berlin eine Grundgesetzänderung vor. So soll ein NPD-Verbot umgangen werden.
Ein Verbotsverfahren war 2003 gescheitert; die Union stemmt sich gegen den von der SPD geforderten neuen Anlauf beim Bundesverfassungsgericht. Die Reaktionen auf Schünemanns Vorstoß reichten von Zustimmung über Skepsis bis Ablehnung.
"Dass man Feinde der Demokratie mit Steuermitteln alimentiert, muss ein Ende haben", sagte Schünemann. Eine Grundsatzeinigung schon auf der bevorstehenden Innenministerkonferenz am Donnerstag und Freitag in Potsdam hielt er für möglich. Der Sprecher von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), Stefan Paris, sprach von einem "guten Beitrag" zur Diskussion. Die Verfassungsmäßigkeit müsse aber zweifelsfrei gegeben sein.
Steuermittel für die NPD
"Es ist unerträglich, dass sich die NPD zu rund 40 Prozent aus Steuermitteln finanziert", sagte Schünemann. Nach einer Änderung von Grundgesetz und Parteiengesetz kann nach seinen Angaben die öffentliche Geldquelle der NPD schnell gestoppt werden. Dann genüge es, der Partei auf Basis von Verfassungsschutzberichten Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung nachzuweisen. Für ein Verbot müsse hingegen ein aggressiv-kämpferisches Vorgehen bewiesen werden. Der Bundestagspräsident soll nach dem Willen Schünemanns einmal im Jahr prüfen, ob eine Partei die Grundordnung umstoßen will.
Der Vorstoß stützt sich auf ein Gutachten des Hannoveraner Staatsrechtlers Volker Epping. Eine Grundgesetzänderung sei nötig, weil die Parteien bisher gleich behandelt werden müssten, wenn sie nicht verboten seien, erläuterte Epping. Schünemann wandte sich erneut gegen ein NPD-Verbot, da wegen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingesetzte V-Leute dann abgeschaltet werden müssten.
Ergänzung zum Grundgesetz
Das Gutachten schlägt eine Ergänzung des Grundgesetz-Artikels 21 vor ("Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit"). Die Teilfinanzierung der Parteien aus staatlichen Mitteln soll zunächst neu aufgenommen werden. Dann solle eingefügt werden, dass Parteien mit Bestrebungen gegen die Grundordnung davon ausgeschlossen werden können. Möglich sei das, da die Chancengleichheit der Parteien nicht zum unberührbaren Kern des Grundgesetzes zähle, sagte Epping.
Skepsis ist angezeigt
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte: "Ich kann alle vernünftigen Versuche, den Handlungsspielraum der NPD einzuschränken, nur begrüßen." SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz begrüßte die Initiative sehr, wie er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" sagte. "Aber die entscheidende Frage nach der Verfassungsmäßigkeit solcher Neuerungen muss zweifelsfrei beantwortet werden." Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) äußerte hieran Zweifel.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) kritisierte: "Durch Grundgesetzänderung den Bundestagspräsidenten zu ermächtigen, zwischen Parteien erster und zweiter Klasse zu unterscheiden, ist ein fragwürdiger Ansatz." Das Parteienprivileg sei ein hohes Gut. Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Ich halte es für ausreichend, das Parteiengesetz zu ändern, um der NPD den Geldhahn zuzudrehen." Ulla Jelpke (Linke) kritisierte den Vorstoß als "Flucht aus der eigenen Verantwortung für das Scheitern des NPD-Verbots".
Gnade für die Linke
Die Linke wäre laut Schünemann nicht betroffen, da dort allenfalls Einzelne oder Gruppen wie die Kommunistische Plattform gegen die Grundordnung seien, nicht aber die Partei als Ganzes. Der DVU könne hingegen ebenfalls der Geldhahn zugedreht werden. Die neue Regelung solle schon zur Bundestagswahl 2009 greifen. Für eine Grundgesetzänderung ist eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag nötig.
Quelle: ntv.de