Massaker an Armeniern Kein Strafverfahren in der Türkei
26.01.2009, 14:00 UhrDen Organisatoren einer türkischen Internetkampagne mit der Bitte um Verzeihung für Massaker an Armeniern im Osmanischen Reich droht kein Strafverfahren mehr. Die Staatsanwaltschaft Ankara habe sich nach zweiwöchigen Ermittlungen gegen eine Anklage entschieden, berichteten türkische Medien.
In einem Gesuch hatten mehrere Ankläger gefordert, wegen Beleidigung der türkischen Nation ein Verfahren nach dem umstrittenen Strafrechtsparagrafen 301 anzustrengen. Die Internetkampagne hat bisher etwa 28.000 Unterstützer gefunden.
Eine Gewissensfrage
Darin wird um Entschuldigung für die "Große Katastrophe" während des Ersten Weltkriegs gebeten. Als "Völkermord" werden die Taten nicht bezeichnet. "Mein Gewissen akzeptiert nicht, gegenüber der Leugnung der Großen Katastrophe, die den Armeniern des Osmanischen Reiches widerfahren ist, gleichgültig zu bleiben. Ich weise diese Ungerechtigkeit zurück und entschuldige mich bei meinen armenischen Brüdern und Schwestern, deren Gefühle und Schmerzen ich teile", heißt es im Text.
Entscheidung gegen Erdogan
Der Chefankläger in Ankara entschied in dem Fall, die Haltung Andersdenkender sei in demokratischen Gesellschaften von der Meinungsfreiheit geschützt. Der türkische Generalstab hatte die Kampagne als falsch und schädlich kritisiert. Auch Regierungschef Recep Tayyip Erdogan lehnte die Initiative ab. "Ich habe kein Verbrechen begangen, warum soll ich mich entschuldigen?" sagte er.
Armenien hat von der Türkei eine Anerkennung der Gewalttaten von 1915 als Völkermord verlangt. Bei Massakern im Osmanischen Reich sollen nach Schätzungen bis zu 1,8 Millionen Armenier ums Leben gekommen sein. Die Türkei geht dagegen von etwa 200.000 Toten aus und weist den Vorwurf eines Völkermordes zurück. Seit einigen Monaten sind die jahrzehntelangen Erzfeinde Türkei und Armenien um eine Normalisierung der Beziehungen bemüht.
Quelle: ntv.de