Gnadendebatte Kein Treffen Köhler-Klar
29.01.2007, 15:36 UhrAls "Spekulation ohne konkreten Hintergrund" hat das Bundespräsidialamt Angaben über ein mögliches Treffen zwischen Bundespräsident Horst Köhler und dem früheren RAF-Mitglied Christian Klar bezeichnet. Der Ex-Terrorist hatte 2003 noch zur Amtszeit von Köhlers Vorgänger Johannes Rau ein Gnadengesuch eingereicht. Es geht darum, ob Klar nach 24 Jahren im Gefängnis vorzeitig aus lebenslanger Haft entlassen werden kann.
Die "Bild"-Zeitung hatte berichtet, Köhler überlege, sich in einem persönlichen Gespräch ein eigenes Bild von Klar und dessen Bereitschaft zur Reue zu machen. Das Blatt berief sich in einem Vorab-Bericht auf Präsidialamtskreise. In dem veröffentlichten Beitrag in der Montag-Ausgabe fehlte allerdings diese Quellenangabe.
Rau hatte nach dpa-Informationen 2003 eine Einsicht des Häftlings vermisst und daher das Gesuch Klars für nicht entscheidungsreif gehalten. Der damalige Bundespräsident hatte sich intensiv mit dem Gesuch und der Person Klars beschäftigt. Im Gegensatz zu Klar hatte er die RAF-Mitglieder Adelheid Schulz und Rolf Clemens Wagner begnadigt. Die Entscheidung über Klars Gesuch liegt jetzt bei Raus Nachfolger Köhler.
Nach der Praxis aller Bundespräsidenten kommt es bei einer Begnadigung auf Gnadenwürdigkeit und Gnadenbedürftigkeit an. Zu den Prinzipien gehört ferner, dass ein Gnadenakt nicht das Urteil aushöhlen darf. Dies setzt die Verbüßung der Mindeststrafe voraus.
Die für eine Gnadenwürdigkeit nötige Einsicht und Reue sah Rau bei Klar noch nicht gegeben. Das setze eine glaubwürdige Distanz von der Straftat voraus, hieß es im Kreis von Vertrauten Raus. Es habe damals öffentliche Erklärungen Klars gegeben, die dem entgegengestanden hätten. Der Staat verlange nicht, dass jemand seine politischen Überzeugungen aufgebe. Aber es müsse klar sein, dass man dafür keine Menschen umbringe.
Der heute 54 Jahre alte Klar, der seit 24 Jahren hinter Gittern sitzt, hatte 2001 in einem Fernsehinterview mit Günter Gaus an seiner Überzeugung festgehalten: "Ich überlasse der anderen Seite ihre Gefühle und respektiere sie, aber ich mache sie mir nicht zu eigen." Klar war an der Ermordung des früheren Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer, des Generalbundesanwalts Siegfried Buback und des Bankiers Jürgen Ponto beteiligt und wurde zu fünf Mal lebenslanger Haft verurteilt.
Neues Gutachten bescheinigt Wandel
Nach einem neuen Gutachten des Freiburger Kriminologen Helmut Kury deutet sich ein Wandel Klars an. Nach Einschätzung Kurys wird er sich früher oder später bei den Angehörigen seiner Opfer entschuldigen. Das mehr als 100 Seiten starke Gutachten liegt laut "Spiegel" nun im baden-württembergischen Justizministerium und soll auch an das Bundespräsidialamt geleitet werden.
In einem Schreiben an Rau hat Klar dem "Spiegel" zufolge bereits 2003 seine Schuld teilweise anerkannt. "Selbstverständlich muss ich eine Schuld anerkennen. Ich verstehe die Gefühle der Opfer und bedauere das Leid dieser Menschen", zitiert das Magazin aus dem Schreiben Klars an Rau. Kritiker der Begnadigung des 54-Jährigen argumentieren, Klar zeige keine Reue und verdiene deshalb keine Gnade des Staates.
Kritiker bekräftigten Ablehnung
Ungewöhnlich deutlich plädierte Unions-Fraktionschef Volker Kauder im Vorfeld der Entscheidung Köhlers gegen eine Begnadigung für Mitglieder des "harten Kerns" der RAF. Er sprach sich zudem dafür aus, den Gnadenakt an die Bedingung zu knüpfen, dass die Inhaftierten sich an der Aufklärung ungeklärter Taten beteiligten. Dagegen sprach sich der frühere Justiz- und Außenminister Klaus Kinkel für eine Begnadigung Klars aus. Auch die von der Bundesanwaltschaft beantragte Haftaussetzung zur Bewährung für das frühere RAF-Mitglied Brigitte Monhaupt unterstützte Kinkel.
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle bekräftigte unterdessen seine Ablehnung einer Begnadigung von Klar. Es müsse weiter die Regel gelten: "Keine Gnade ohne Reue." Er halte es für unvorstellbar, "dass wir einen Serienmörder begnadigen, der sich nicht völlig eindeutig von seinen Taten distanziert", sagte Westerwelle.
Quelle: ntv.de