Verschärfter Sicherheitshinweis Kein Urlaub mehr in Ägypten
01.02.2011, 14:18 Uhr
Außenminister Westerwelle hält nun ganz Ägypten für nicht mehr urlaubssicher.
(Foto: REUTERS)
Angesichts der Unruhen rät die Bundesregierung von Reisen nach ganz Ägypten ab. Wegen "der instabilen Lage" und der "Unübersichtlichkeit der Gesamtsituation" sind "ausdrücklich die Touristengebiete am Roten Meer" eingeschlossen. Airlines organisieren Rückflüge. Die großen Reiseveranstalter sagen bis Mitte Februar alle Reisen ab.
Die Bundesregierung hat angesichts der Entwicklung in Ägypten ihren Reisehinweis für das Land abermals verschärft. "Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach ganz Ägypten dringend ab", sagte Außenminister Guido Westerwelle in Berlin. "Das schließt ausdrücklich die Touristengebiete am Roten Meer ein." Das gelte, auch wenn dort die Lage derzeit ruhig sei.
Nach diesem verschärften Sicherheitshinweis haben die großen deutschen Reiseveranstaltern Ägypten-Reisen bis Mitte Februar abgesagt. Die Reiseverträge werden von den meisten Veranstaltern aktiv gekündigt, sagte ein Sprecher des Deutschen Reiseverbandes (DRV).
Westerwelle: Es könnte zu Engpässen kommen
Zur Begründung verwies Westerwelle auf "Marsch der Million" gegen die Führung von Präsident Husni Mubarak. Die Massendemonstrationen seien mit einem Aufruf zu einem landesweiten Generalstreik verbunden worden, dessen Ende nicht absehbar sei, sagte Westerwelle. Daher könne es auch in den fernab der großen Städte gelegenen Touristengebieten zu Engpässen bei der Versorgung und zu logistischen Schwierigkeiten kommen.
Die Demonstrationen der ägyptischen Opposition richteten sich zwar "nicht speziell gegen Ausländer". Reisenden werde weiterhin "dringend empfohlen, Menschenansammlungen und Demonstrationen weiträumig zu meiden".
Keine formale Reisewarnung
Bei dem Hinweis handelt es sich nicht um eine formale Reisewarnung, in deren Folge deutsche Staatsbürger zur Ausreise aufgefordert und in Sicherheit gebracht werden müssten, betonte eine Sprecherin des Ministeriums. Vielmehr sei dies eine nochmalige "Anpassung der Reisehinweise".
Das Auswärtige Amt praktiziert ein abgestuftes System von Reise- oder Sicherheitshinweisen. Vor dem Hintergrund der Unruhen in Ägypten hatte es am vergangen Freitag zunächst geheißen, von "nicht unbedingt notwendigen Reisen" nach Kairo, Alexandria und Suez sollte Abstand genommen werden.
Am Wochenende wurde der Hinweis auch auf urbane Zentren im Landesinneren und im Nildelta ausgeweitet, nunmehr auf das ganze Land. Eine offizielle Reisewarnung für Länder oder Landesteile als höchste Stufe wird ausgesprochen, wenn "eine akute Gefahr für Leib und Leben besteht".
Die Regionen am Roten Meer um Scharm el Scheich und Hurghada sind bei deutschen Urlaubern beliebt. Trotz der seit gut einer Woche anhaltenden Massenproteste gegen das Regime des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak fliegen nach wie Deutsche dorthin in den Urlaub.
Airlines organisieren Rückflüge
Zudem erklärte das Auswärtige Amt, dass es in engem Kontakt mit den deutschen Fluggesellschaften stehe, damit zusätzliche Kapazitäten für Flüge aus Kairo, Alexandria und anderen Städten bereitgestellt werden könnten.
Die Lufthansa habe auf ihrer Internetseite eine Sondertelefonnummer veröffentlicht, unter der ausschließlich Flüge ab Kairo gebucht werden könnten. Bei Air Berlin könnten freie Plätze auf Flügen von Scharm el Scheich, Hurghada und Marsa Alam nach Deutschland gebucht werden.
Dem österreichischen Außenministerium zufolge begann das Land damit, seine Staatsbürger aus Ägypten auszufliegen. In zwei Sondermaschinen seien auch Deutsche mitgeflogen, hieß es.
Deutsche werden ausgeflogen
Etwa 700 Menschen sind bislang nach Deutschland ausgeflogen worden. Die deutschen Staatsangehörigen und Bürger anderer europäischer Staaten seien mit einem Linienflug und einer Sondermaschine der Lufthansa außer Landes gebracht worden, teilte das Auswärtige Amt mit. Weitere Flüge nach Deutschland sollten in den kommenden Tagen folgen, "damit alle Deutschen, die ausreisen wollen, nach Deutschland zurückkehren können", hieß es in der Mitteilung.
Die Deutsche Botschaft in Kairo unterstütze zusammen mit den Reiseveranstaltern und Luftverkehrsunternehmen die ausreisewilligen Deutschen. Die beiden Lufthansa-Jets Richtung Frankfurt mit jeweils rund 330 Plätzen waren nach Angaben eines Sprechers nicht ganz ausgebucht. Im Ankunftsbereich des Flughafens warteten zahlreiche Angehörige auf die heimkehrenden Touristen.
"Das Schlimmste waren die Schüsse"
Günter Kremer hatte die Unruhen tagelang in der Hauptstadt Kairo miterlebt: "In der ersten Woche, als ich das gesehen habe, habe ich gesagt, das geht nicht gut. Das Schlimmste war, dass wir nicht raus konnten und keine Informationen bekamen. Wer dann noch freiwillig aus dem Haus gegangen ist, ist lebensmüde."
Der Kanadier Wil Parent zeiget sich überglücklich, in Europa zu sein. "Es war sehr stressig. Das Schlimmste waren die Schüsse und die Militärpräsenz und vor allem die Panzer." Beeindruckend sei hingegen die Hilfsbereitschaft der Ägypter gewesen, die ihn vor dem Mob beschützt hätten. "Nicht die Polizei, sondern die hilfsbereite Nachbarschaft" sei ihm zu Hilfe gekommen.
Bereits am Sonntagabend waren in München deutsche Urlauber gelandet, die die Plünderungen und Ausschreitungen in Ägypten teilweise aus der Nähe erlebt hatten.
Die Fluggesellschaft Air Berlin setzt am Dienstag neben ihren regulären Flügen von den ägyptischen Badeorten nach Deutschland auch eine Chartermaschine von Alexandria mit Ziel Düsseldorf ein.
Quelle: ntv.de, hdr/dpa/rts/AFP