Politik

Keine 84 Prozent für SöderMit einer Bierzeltrede wäre das nicht passiert

13.12.2025, 07:48 Uhr b58b01e6-b3b2-4108-ace9-39b8c6dbd390Von Hubertus Volmer, München
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Applaus gab es für Markus Söder - nur nicht genug Stimmen für ein gutes Ergebnis. (Foto: dpa)

Das mäßige Abschneiden von CSU-Chef Markus Söder auf dem Parteitag in München wirft Fragen auf. Es gibt mehrere Erklärungsversuche. Die allgemeine Unzufriedenheit hat auch die sonst immer so zufriedene CSU erfasst.

Viele Delegierte beim CSU-Parteitag in München klingen hinterher ein wenig ratlos. Lag es an Entscheidungen der bayerischen Landesregierung? "Hm." Oder lag es an der Mütterrente, die bei der Jungen Union auch in Bayern nicht sonderlich beliebt ist? "Das glaube ich nicht, das Thema war längst abgeräumt", sagt ein Delegierter, der selbst noch recht jung ist.

Andere sind da anderer Auffassung. Schließlich lief Söders Besuch beim Deutschlandtag der Jungen Union vor knapp drei Wochen zwar gut. Aber zuvor, bei der bayerischen Jungen Union Anfang Oktober, hatte es durchaus kritische Fragen gegeben.

"Immer noch besser als bei der SPD"

Fakt ist: Am Freitag wurde CSU-Chef Markus Söder auf dem Parteitag mit nur 83,6 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Seine hohe Präsenz vor Ort, in den Kreisverbänden, an der Basis, wurde nicht belohnt. Söder hatte sich zwar im Vorfeld nicht auf ein Wahlziel festlegen wollen. Allgemein waren aber schon mindestens 90 Prozent erwartet worden. Die knapp 84 Prozent sind das schlechteste Ergebnis, das er je bei einer seiner mittlerweile fünf Wahlen zum Parteichef bekommen hat.

Das sei immer noch besser als bei der SPD, sagt eine Delegierte unter Anspielung auf die knapp 65 Prozent, mit der SPD-Chef Lars Klingbeil im vergangenen Juni gewählt worden war. Aber Klingbeils Co-Chefin Bärbel Bas hatte damals 95 Prozent bekommen. Und CSU-Delegierte, die ihre Partei mit der SPD vergleichen? Das ist ja fast schon ein Sakrileg. Über Sozialdemokraten lästert man bei der CSU, man vergleicht sich nicht mit ihnen.

Ein CSU-Mitglied fasst es in einem Wort zusammen. "Es ist der Ärger", sagt er. Nicht so sehr über Söder, sondern über mehr oder weniger alles, so muss man ihn wohl verstehen. Steigende Preise, die schlechten wirtschaftlichen Aussichten, die hohen Mieten, das Bürgergeld, und dass "unser Geld ins Ausland geht", wie er vage sagt.

Keine Bierzeltrede

Eine allgemeine Unzufriedenheit gibt es offenbar auch in der CSU. Angesichts mieser Umfragewerte für Bundeskanzler Friedrich Merz wäre es auch ein Wunder, wenn die CSU davon unberührt bliebe.

Söder weiß um die Stimmung, er hielt die Rede bewusst in überwiegend staatsmännischem Ton, ohne Frotzeleien, sogar ohne größere Sticheleien. "Wir leben in Zeiten, die so schwierig wie nie sind", sagte Söder. "Deshalb gibt es heute auch keine Bierzeltrede oder eine Verhöhnung von anderen." Die Jusos bekamen trotzdem ihr Fett weg, er nannte sie eine "Trauer- und Trümmertruppe". Über Merz sagte er, der habe es nicht leicht, "er braucht unsere Hilfe".

Die AfD attackierte Söder als Feinde der Demokratie: "Wir dürfen kein Helferlein werden, wir dürfen kein Steigbügelhalter werden. Wir dürfen die Fehler von Weimar nicht wiederholen!", rief er.

Den Renten-Kritikern von der Jungen Union zollte er ausdrücklich Respekt, "die jungen Abgeordneten werden an vorderster Stelle in der Führung" der Rentenkommission sein, kündigte er an.

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Söder schien mit mehr gerechnet zu haben. (Foto: dpa)

Söder griff die schlechte Stimmung ausdrücklich auf: "Was früher unbestreitbar war, das wackelt heute." Vor allem aber betonte er die unbestreitbar vielen Erfolge der CSU, sowohl die historischen als auch die aktuellen. Er beschwor geradezu das alte Selbstbewusstsein, die Selbstgewissheit seiner Partei. "Bayern ist mit Abstand das Land, das Deutschland voranbringt", sagte der Ministerpräsident. Auch politische Gegner müssten endlich anerkennen: Das sei "das Ergebnis jahrelanger harter und guter CSU-Arbeit".

Liegt es an den Weihnachtsmärkten?

Daneben gab es das traditionelle Selbstlob. "Wir haben alles durchgesetzt, was wir uns vorgenommen haben", betonte Söder mit Blick auf die Koalitionen in Berlin und München. "Wir haben geliefert!" Und, auch wichtig für Delegierte, die bei den Kommunalwahlen im kommenden März selbst antreten: Die CSU habe in Bayern "mehr Zustimmung als alle anderen demokratischen Parteien zusammen". Das stimmt, wenn man die Parteien rausrechnet, die unter der Fünfprozenthürde liegen: Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage sieht die CSU bei 40 Prozent, de AfD bei 19 Prozent.

Eine andere Erklärung, die in der Messehalle im Osten Münchens diskutiert wird: Wegen der Vorweihnachtszeit seien viele Delegierte zuhause geblieben und hätten Ersatzdelegierte geschickt. Deshalb könnten weniger Funktionsträger aus den Kreisverbände in die Landeshauptstadt gekommen sein.

Ein Delegierter hält das für plausibel: Wer für die CSU kommunale Verantwortung trage, Bürgermeister zumal, wolle sich jetzt möglicherweise lieber auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt blicken lassen, um mit Wählern ins Gespräch zu kommen. Dabei war der Parteitag extra so nah wie möglich an den Termin der Kommunalwahl gelegt worden, um eine gewisse Geschlossenheit zu erzielen. Vor zwei Jahren hatte Söder sein bislang bestes Ergebnis auf einem Parteitag zwei Wochen vor den Landtagswahlen bekommen.

Rund 45 Stimmen fehlten zu einem sehr guten Ergebnis

Und Social Media? Söders auf Instagram verbreitete Aufnahme des Liedes "Sweet Caroline" zum Oktoberfest vor drei Monaten soll bei den Konservativen an der Basis nicht gut angekommen sein. In der CSU-Spitze verweisen sie allerdings darauf, dass die Klicks da eine andere Sprache sprechen. Und doch: Ein weiteres Lied gab es nicht. Auch die Reihe "Söder isst", mit entsprechendem Hashtag, hatte zuletzt nicht mehr ganz so viele Folgen.

Der ausgeglichene Landeshaushalt, für den Söder sich und seinen Finanzminister Albert Füracker in seiner Rede ebenfalls gelobt hatte, taugt nach Einschätzung eines Delegierten nicht als Erklärung für das vergleichsweise schlechte Wahlergebnis. Das war zwar eine Zumutung für den öffentlichen Dienst und für Familien: In der Landesverwaltung werden Stellen abgebaut, und das Familiengeld wird wieder abgeschafft, eine monatliche Leistung für zwei und drei Jahre alte Kinder, die von Kritikern auch als "Herdprämie" bezeichnet worden war. Das alles habe jedoch nicht für schlechte Stimmung gesorgt, sagt der Delegierte. "Konservative finden ausgeglichene Haushalte gut."

Am Ende seien die rund 45 Stimmen, die Söder zu 90 Prozent gefehlt haben, ein "Kollateralschaden", sagt der Delegierte. "So viele hätten mit Sicherheit für ihn gestimmt, wenn sie gewusst hätten, wie die Wahl ausgeht." Vor allem aber habe es an Söders Rede gelegen. "Die war einfach nicht so mitreißend."

Vielleicht ist das Ergebnis auch nicht so wichtig. Absetzbewegungen gebe es keine, sagt einer. Wohin auch? Ein potenzieller Söder-Nachfolger ist weit und breit nicht zu sehen.

Quelle: ntv.de

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