EU hilft Italien mit Geld und Polizei Keine Flüchtlinge für Deutschland
15.02.2011, 16:16 Uhr
Nach der Ankunft in Lampedusa.
(Foto: dpa)
Die europäische Grenzschutzpolizei Frontex soll den Ansturm tunesischer Flüchtlinge auf Italien verhindern. Dafür stellen die Mitgliedstaaten Personal, Ausrüstung und Geld zur Verfügung. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen jedoch keine Flüchtlinge nach Deutschland kommen oder auf die anderen EU-Staaten aufgeteilt werden.
Deutschland lehnt eine automatische Verteilung der in Italien gestrandeten Flüchtlinge aus Tunesien auf andere Länder innerhalb der EU ab. Stattdessen setze die Bundesregierung auf finanzielle Hilfen, den Einsatz der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex und die freiwillige Aufnahme, sagte der Innen-Staatssekretär Ole Schröder auf einem Polizeikongress in Berlin.
In Tunis vereinbarten Italien und Tunesien, gemeinsam gegen die illegale Auswanderung vorzugehen. In der vergangenen Woche flohen rund 4000 Tunesier auf die italienische Insel Lampedusa.
Ein Verteilungsautomatismus berge die Gefahr, dass der ursprüngliche Aufnahmestaat keinen Anreiz für ein schwieriges und langwieriges Asylverfahren habe, weil die Flüchtlinge ohnehin auf andere Staaten weiterverteilt würden, sagte Schröder. Entgegen dem allgemeinen Eindruck landeten die meisten Flüchtlinge nicht in den südlichen EU-Staaten, sondern in Schweden, sagte Schröder. Schweden nehme fünf Mal so viele Flüchtlinge auf wie Italien. Belgien drei Mal so viele.
Frontex-Einsatz kommt
Im Fall der Flüchtlinge aus Tunesien werde derzeit ein Frontex-Einsatz geplant. Bei der Massenflucht aus dem nordafrikanischen Staat handele es sich allerdings nicht in erster Linie um ein "grenzpolizeiliches Problem". Nötig sei vor allem die Bekämpfung der Schleuserkriminalität und eine Verbesserung der Perspektiven der Menschen in Nordafrika selbst.
Frontex-Chef Ilkka Laitinen sagte, die Grenzschutzbehörde stehe bereit. Im Auftrag der EU-Staaten könne sie einen gemeinsamen europäischen Einsatz starten und den Italienern helfen, wo deren eigene Mittel nicht ausreichten. Ein positives Beispiel für eine solche Zusammenarbeit sei die Lage auf den Kanaren, wo 2007 noch über 30.000 Flüchtlinge angekommen seien. Nach einer Vereinbarung zwischen Spanien, Mauretanien und dem Senegal sei der Ansturm eingedämmt worden. "Letztes Jahr kamen noch 150 Flüchtlinge auf den Kanaren an."
Jetzt kommen ägyptische Flüchtlinge
Italiens Außenminister Franco Frattini und der Chef der tunesischen Übergangsregierung, Mohamed Ghannouchi, vereinbarten ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlingskrise. Unter Wahrung der tunesischen Souveränität werde Italien praktische Hilfe mit Radarsystem oder Schnellbooten gewähren, heißt es. Italien habe Hilfen im Wert von 100 Millionen Euro zugesichert.
Derweil bleibt die Lage auf der italienischen Flüchtlingsinsel Lampedusa angespannt. Zwar legten zunächst keine weiteren Boote mit Verzweifelten aus Tunesien auf der winzigen Felseninsel an. Doch ist ihr Auffanglager mit 2000 Menschen völlig überfüllt. Konzipiert wurde es für 800.
Auf Sizilien landeten erste Immigranten aus Ägypten. Die die italienische Küstenwache fing den Fischerkahn mit 32 Ägyptern vor Ragusa ab. Einem Teil der Insassen gelang die Flucht.
Die Behörden auf Lampedusa vergleichen die Lage mit einem Pulverfass. Die Immigranten werden langsam auf andere Flüchtlingszentren auf Sizilien und dem italienischen Festland verteilt. 200 sollten noch am Dienstag über eine eigens für den Notstand eingerichtete Luftbrücke ausgeflogen werden.
Die Regierung in Rom hatte am Wochenende für Lampedusa den Notstand erklärt. Die Flüchtlinge hatten sich nach dem Sturz des autokratischen Staatschefs Zine al-Abidine Ben Ali auf den Weg gemacht. Nach Angaben aus tunesischen Armeekreisen versucht die Armee inzwischen wieder, das Ablegen von Flüchtlingsbooten zu vereiteln. Deutschland hat im vergangenen Jahr rund 48.000 Asylbewerber aufgenommen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP