Serbien und Russland mauern Keine Kosovo-Lösung in Sicht
17.07.2007, 06:58 UhrDer internationale Konflikt um die Zukunft des Kosovo spitzt sich zu. Der serbische Ministerpräsident Vojislav Kostunica lehnt einen Vorschlag der EU und der USA strikt ab, auf Grundlage einer weiteren UN-Resolution in neue direkte Verhandlungen mit der albanisch dominierten Provinzregierung des Kosovo einzutreten. Zuvor hatte sich im UN-Sicherheitsrat auch Russland gegen diese Offerte gestellt.
Damit wächst die Gefahr, dass in nächster Zukunft die USA, aber letzten Endes auch EU-Staaten das Kosovo als unabhängigen Staat anerkennen. Dies wiederum könnte schwerwiegende Folgen für die Situation auf dem Balkan haben. Auch eine einseitige Unabhängigkeitserklärung der zumeist albanischen Bevölkerung im Kosovo ist möglich. Für Sicherheit und Stabilität in der offiziell noch immer zu Serbien gehörenden Provinz sorgen derzeit 16.000 NATO-Soldaten, darunter 2300 deutsche Soldaten. Das Kontinent in der internationalen KFOR-Truppe könnte jedoch auf bis zu 8000 Soldaten erhöht werden.
Bei einem Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin verlangte Kostunica Gespräche ohne eine weitere UN- Resolution. Er pochte auf die territoriale Souveränität Serbiens und lehnte damit eine Herauslösung des Kosovo ab. Ansonsten könne international ein "gefährlicher Präzedenzfall" geschaffen werden.
Merkel warb hingegen für den Vorschlag des Westens, machte aber auch deutlich, dass die Bundesregierung als Endziel am Vorschlag von Ahtisaari festhalten wolle. Der von Serbien und Russland abgelehnte Plan des finnischen Vermittlers Martti Ahtisaari sieht vor, die seit dem Krieg im Jahr 1999 von der UN verwaltete Provinz unter Aufsicht der Europäischen Union in die Unabhängigkeit zu entlassen. Merkel sagte, für eine Übergangszeit setze die EU auf einen Dialog zwischen Serben und Kosovaren, um doch noch eine einvernehmliche Lösung erreichen zu können. Dazu sei eine neue UN-Resolution erforderlich.
Keine Lösung bei der UNO
Die Chancen für eine Einigung im Weltsicherheitsrat über die Zukunft des Kosovos waren zuvor stark gesunken. Die USA, Frankreich und Großbritannien hatten ihren bereits mehrfach überarbeiteten Resolutionsentwurf am Montag offiziell in den Sicherheitsrat eingebracht. Sie verzichteten darin auf einen Passus, nach dem der Ahtisaari-Plan automatisch greifen würde, sollte es bei neuen Gesprächen zwischen Serben und Albanern nicht innerhalb von 120 Tagen zu einer Einigung kommen.
Doch Russland lehnte auch das jüngste Kompromissangebot des Westens ab. USA, Frankreich und Großbritannien machten deutlich, dass ihre Bereitschaft zu Zugeständnissen weitgehend erschöpft ist. "Wir sind so weit gegangen, wie wir konnten", sagte der französische UN- Botschafter Jean-Marc de la Sabliere in New York.
Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin kritisierte, im Kern halte auch der jüngste Entwurf an der Unabhängigkeit fest. "Das ist ein versteckter Automatismus zum Ahtisaari-Plan. ... Wir glauben, dass das der falsche Weg ist." Russland ist als traditionelle Schutzmacht der Serben gegen eine Abtrennung des Kosovos von Serbien.
Unklar blieb am Dienstag in New York zunächst, ob es noch in dieser Woche - wie von den westlichen Ländern gewünscht - zu einer Abstimmung über die Resolution kommt. Die USA hatten am Wochenende auch eine Lösung am Sicherheitsrat vorbei nicht ausgeschlossen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte das Kosovo jedoch vor einem Alleingang: "Eine einseitige Erklärung birgt immer Gefahren. Ich hoffe, dass das Kosovo diesen Schritt nicht wählt."
EU will Russland ausbooten
Nach dem Scheitern der UN-Resolution kündigte die EU an, ohne ein Einlenken Russlands die Entscheidung über das weitere Vorgehen nicht länger bei der UN zu verfolgen, sondern der aus Sechs-Ländern bestehenden Kosovo-Kontaktgruppe zu übertragen. Das könne innerhalb weniger Tage geschehen, sagte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana in Brüssel. Russland habe in dem Gremium kein Vetorecht. Neben Russland gehören die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland der Gruppe an.
Auch die Kosovo-Albaner dringen indirekt auf eine Einschaltung der Kontaktgruppe. "Sollte es keine schnelle Lösung in Form einer UN-Resolution geben, sollten alternative Wege in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft eingeschlagen werden", sagte Präsident Fatmir Sejdiu in Pristina. Der frühere Rebellenführer Hashim Thaci ergänzte, die UN seien bei der Konfliktlösung gescheitert.
Quelle: ntv.de