Politik

Neonazi-Anschlag Keine Spur vom Täter

Zwei Tag nach dem vermutlich rechtsradikalen Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl gibt es noch keine Spur von dem Täter. Zwei 26 und 27 Jahre alte Männer, die am Sonntag vorläufig festgenommen wurden, wurden am Montag wieder freigelassen. Derzeit gebe es keinen weiteren Verdächtigen in dem Fall, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walch. Unterdessen wurde die Sonderkommission der Kriminalpolizei von 20 auf 50 Beamte aufgestockt - es wird wegen versuchten Mordes ermittelt.

Die Bundesregierung sieht in dem Anschlag auf den Polizeidirektor eine "neue Qualität" rechtsextremer Gewalt. Die Tat entfachte erneut die Debatte über ein Verbot der als rechtsextrem eingestuften NPD. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Innenminister Joachim Herrmann kündigten an, es werde ein neues NPD-Verbotsverfahren geprüft. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, begrüßte die Überlegungen.

Seehofer sagte nach einem Besuch am Krankenbett Mannichls: "Das ist ein Angriff auf unseren Rechtsstaat, das geht uns alle an". Bayern werde auch eine Verschärfung von Strafen für Gewalttaten gegen Polizisten prüfen.

Regierung zeigt sich schockiert

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm verwies in Berlin auf die "unglaubliche Direktheit" des Tötungsversuches hin - ohne die Ermittlungen vorwegnehmen zu wollen. Der Täter hatte an der Haustür des Passauer Polizeichefs geklingelt und ihn mit einem dort liegenden Messer unvermittelt niedergestochen.

Mannichl hatte den Messerstich des unbekannten Täters am Samstag nur knapp überlebt, befindet sich aber auf dem Weg der Besserung. Das Messer, mit dem die Tat begangen wurde, gehörte ihm selbst. Er hatte das Messer mit einer zwölf Zentimeter langen Klinge wegen einer Nachbarschaftsaktion vor der Tür seines Reihenhauses hingelegt. Im Freien waren Adventskalender mit Lebkuchen aufgehängt. Mit daneben liegenden Messern konnten sich andere Anwohner Lebkuchen abschneiden. Unklar ist, ob das Messer den Täter zu dem Attentat animiert hat. Darüber könne nur spekuliert werden, sagte Walch.

Keine Spuren und ein Alibi

Der Oberstaatsanwalt weiter mit, Mannichl habe die beiden vorübergehend Festgenommenen auf Fotos nicht als Täter identifizieren können. Zudem seien keine relevanten DNA-Spuren an deren Kleidung entdeckt worden. Die beiden haben den Angaben zufolge auch ein Alibi. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich bei dem Attentat um einen Racheakt handelt, weil Walch mit seinen Beamten in den vergangenen Monaten immer wieder gegen rechtsextreme Gewalttäter vorgegangen war.

Mit Blick auf ein mögliches NPD-Verbotsverfahren warnte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums vor den hohen Hürden. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die Einzeltat in Passau tatsächlich in einem rechtsextremen Zusammenhang stünde. Ein erstes Verfahren zum NPD-Verbot war 2003 wegen der ungeklärten Rolle der V-Leute des Verfassungsschutzes gescheitert.

CDU zurückhaltend

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, man wolle zuerst die weiteren Ermittlungen abwarten, bevor man über politische Schlussfolgerungen nachdenke. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger nannte ein Verbot "falsch". Er erläuterte: "Diese Anschläge sind auch mit einer verbotenen NPD möglich." Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Ulla Jelpke, sprach sich für ein Verbotsverfahren aus. "Als erster Schritt müssen sofort alle V-Leute des Verfassungsschutzes aus den Gremien der NPD abgezogen werden." Die FDP ist grundsätzlich gegen ein Verbotsverfahren. Laut Bundesinnenministerium meldeten die Länder bis zum 12. Dezember 955 rechtsextreme Gewalttaten mit 994 Opfern, darunter einen Toten.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann beklagte grundsätzlich eine zunehmende Gewaltbereitschaft gegen Polizisten. "Bei Demonstrationen, beim Fußball oder beim Versuch, eine Wirtshausprügelei zu beenden: Es wird schneller mit dem Bierglas auf Polizisten geworfen oder ein Messer gezückt."

Quelle: ntv.de

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