Übergriff von Potsdam Keine belastbaren Alibis
13.05.2006, 12:10 UhrDie Vorwürfe gegen die mutmaßlichen Angreifer des Deutsch-Äthiopiers aus Potsdam haben sich erhärtet. Nach Agentur-Informationen hat ein 29-jähriger Verdächtiger, der zur Tatzeit wegen einer Kehlkopfentzündung im Bett gelegen haben will, inzwischen kein Alibi mehr. Der zweite Verdächtige soll sich gegenüber Bekannten auffallend verhalten haben, als Tage nach der Tat das Gespräch auf die Gewalttat gekommen sei. Das Opfer sei ja "selbst schuld" gewesen, soll der 30-Jährige gesagt haben.
Auch das Nachrichtenmagazin "Focus" meldet, aus Sicht der Bundesanwaltschaft hätten beide Männer "kein belastbares Alibi". So habe der 29-Jährige in der Nacht zu Ostersonntag drei Kurzmitteilungen versandt und sei wenig später in einem Auto gesehen worden.
Der 37 Jahre alte deutsche Ingenieur war am frühen Ostersonntagmorgen laut Ermittlungen mit ein oder zwei Faustschlägen niedergestreckt worden. Er trug ein schweres Schädel-Hirn-Trauma davon. Der genaue Tathergang ist noch immer unklar, Polizei und Staatsanwaltschaft nahmen jedoch von Beginn an einen fremdenfeindlichen Hintergrund an.
Nach Agentur-Informationen gehen die Ermittler zwar inzwischen eher von einer Schlägerei als von einem gezielten Überfall auf einen Ausländer aus. Allerdings habe die dunkle Hautfarbe des Opfers wohl dazu beigetragen, dass die Täter deutlich stärker zugeschlagen hätten.
Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung hat der schwer verletzte Deutsch-Äthiopier inzwischen einen ersten Ausflug mit seiner Familie in den Park des Berliner Unfallkrankenhauses unternommen, wo er behandelt wird. Ein Foto zeigt ihn im Rollstuhl in Begleitung seiner Frau und eines Sohnes. Der Mann könne inzwischen wieder sprechen und bald aussagen, was sich in der Tatnacht ereignete, schreibt das Blatt. Kriminalbeamte hätten bereits Kontakt zu ihm aufgenommen.
Vor kurzem hatte der Bundesgerichtshof den Haftbefehl gegen den 29-jährigen Tatverdächtigen bestätigt. Auch sein 30 Jahre alter mutmaßlicher Komplize bleibt in Haft, nachdem er am vergangenen Mittwoch einen Haftprüfungsantrag zurückgezogen hatte.
Unterdessen verteidigte Generalbundesanwalt Kay Nehm sein Vorgehen in dem Fall. Die in einer Mailbox-Aufzeichnung festgehaltenen fremdenfeindlichen Äußerungen begründeten eindeutig den Anfangsverdacht für ein Staatsschutzdelikt, sagte Nehm. Damit seien die Bundesbehörden zuständig gewesen - unabhängig vom späteren Ergebnis der Ermittlungen.
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte Nehm vorgeworfen, vorschnell den Fall an sich gezogen zu haben. Dazu bemerkte Nehm, es sei nicht Aufgabe eines Innenministers, sich aus den Ermittlungen unterrichten zu lassen, um dann die Bundesanwaltschaft zu kritisieren.
Quelle: ntv.de