Nervöse Aktivitäten in Sanaa Keine neue Front gegen Al-Kaida
03.01.2010, 19:16 UhrDie USA und Großbritannien wollen den Anti-Terrorkampf im Jemen verstärken. Der dort aktive Al-Kaida-Ableger gerät zunehmend ins Visier der Militärs, laut Obama-Berater Brennan will der US-Präsident aber keine neue Front gegen das Terrornetzwerk eröffnen. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa ist die Nervosität allerdings nicht zu übersehen.
Im Kampf gegen Al-Kaida will die US-Regierung nach Angaben ihres Anti-Terror-Beraters keine neue Front im Jemen eröffnen. Auf die Frage, ob die gemeinsamen Anstrengungen von Washington und London gegen das Terrornetzwerk im Jemen auch eine Entsendung von Truppen bedeuten könnten, sagte John Brennan dem US-Sender Fox News: "Darüber sprechen wir im Moment überhaupt nicht." Die USA würden aber alle notwendigen Schritte ergreifen, um US-Bürger zu schützen.
Jemen und Somalia im Fokus
Die USA und Großbritannien wollen den gemeinsamen Anti-Terrorkampf im Jemen und in Somalia verstärken. So soll etwa eine Sondereinheit der jemenitischen Polizei zur Terrorabwehr finanziert werden. Darauf hätten sich US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister Gordon Brown verständigt, teilte die Downing Street mit. Die Details müssten noch ausgearbeitet werden.

John Brennan: Werden alles Notwendige tun, um unsere Bürger zu schützen.
(Foto: Reuters)
Auch die jemenitische Küstenwache soll unterstützt werden, um zu verhindern, dass Kämpfer aus Somalia durch den Golf von Aden in den Jemen gelangen. Den Plänen zufolge soll auch die "Financial Action Task Force" das Land genauer unter die Lupe nehmen. Die FATF ist das wichtigste internationale Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.
Ferner wollen sich London und Washington im UN-Sicherheitsrat dafür einsetzen, dass die Friedenstruppen in Somalia aufgestockt werden, da Somalia der internationalen Anti-Terror-Bewegung ähnliche Sorgen bereitet wie Jemen. Dort kontrolliert die von Al-Kaida inspirierte islamistische Rebellenbewegung Al-Schabaab weite Teile im Süden und Landesinneren. Al-Schabaab kündigte am Wochenende zudem ihre Unterstützung für die Kämpfer im Jemen an. Erst im Dezember hatte der somalische Präsident Sheik Sharif Ahmed die internationale Gemeinschaft um Hilfe im Kampf gegen radikal-islamische Gruppen aufgefordert.
Spekulationen über Vergeltungsanschlag
Am Freitag hatte Obama erstmals öffentlich die Al-Kaida im Jemen als Drahtzieher des vereitelten Anschlags von Detroit am 25. Dezember beschuldigt. Amerikanische Medien berichten bereits seit Tagen, die USA bereiteten Militärschläge gegen die Terroristen im Jemen vor, falls der Präsident einen Vergeltungsschlag befehlen sollte.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, rechnet damit, dass Obama "wahrscheinlich schon in den kommenden Tagen einen Militärschlag anordnen" werde. Dabei würden eher innen- als sicherheitspolitische Motive eine Rolle spielen, sagte Mützenich dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Obama könne mit einem militärischen Vorgehen gegen den regionalen Al-Kaida-Ableger Kritik der Republikaner begegnen, zu wenig gegen den Terror zu unternehmen. Am Dienstag will sich Obama mit den Chefs der amerikanischen Geheimdienste treffen, um Konsequenzen aus dem Detroiter Anschlagsversuch zu ziehen.
USA und Großbritannien schließen Botschaften
Aus Furcht vor einem Attentat schlossen Washington und London inzwischen ihre Botschaften im Jemen. Es gebe Hinweise dafür, dass Al-Kaida einen Anschlag in der Hauptstadt Sanaa plane, sagte Obama-Berater Brennan dem Fernsehsender CNN. "Wir wissen, dass die Al-Kaida da draußen ist. Wir wissen, dass wir auf unsere Schritte acht geben müssen." Die US-Botschaft teilte auf ihrer Internetseite mit, Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel habe mit Anschlägen gegen US-Einrichtungen im Jemen gedroht.
Einem jemenitischen Vertreter in Sanaa zufolge gab es keine direkten Drohungen gegen Londons Botschaft.
Keine Drohung gegen deutsche Botschaft
Die deutsche Botschaft in Sanaa verschärfte ihre Sicherheitsvorkehrungen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, die Botschaft habe "bisher keine Drohung erhalten". "Der Dienstbetrieb wird fortgesetzt, aber die Sicherheitsvorkehrungen werden verstärkt. Die spanische Botschaft schränkte den Publikumsverkehr ein.
Petraeus in Sanaa

Die somalische Islamisten-Organisation Al-Shabaab will die Al-Kaida im Jemen unterstützen.
(Foto: REUTERS)
Am Samstag war der amerikanische Top-General David Petraeus überraschend mit dem jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Salih in Sanaa zusammengetroffen. Petraeus befehligt die US-Streitkräfte in Nahost, Zentralasien und Ostafrika.
Bei dem Treffen mit Petraeus bot Jemens Präsident nach Angaben von CNN weitere Hilfe seines Landes für amerikanische Anti-Terror-Aktionen an. Der jemenitische Außenminister Abu Bakr al-Kirbi betonte am Sonntag jedoch, dass sein Land gegen Terroristen auf seinem Staatsgebiet "selbst" vorgehe. Abmachungen, nach denen die USA nach eigenem Gutdünken Ziele im Jemen beschießen oder bombardieren können, gebe es keine. Der Jemen tausche lediglich mit anderen Ländern Geheimdienstinformationen aus.
Initiative Spaniens
Auch in der EU gibt es neue Pläne, verstärkt gemeinsam gegen den Terrorismus vorzugehen. Spanien wolle während seines EU-Vorsitzes ein Komitee bilden, das die Arbeit der verschiedenen Terror-Abwehrzentren der Mitgliedstaaten bündeln soll, sagte der spanische Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba nach Medienberichten. Nach Informationen der Zeitung "El País" haben sich der Initiative Spaniens bereits acht Länder angeschlossen: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Dänemark, Italien und Portugal. Ziel sei, mit einem direkten und schnellen Informationsaustausch über mutmaßliche Terroristen und potenzielle Anschlagziele eine bessere Koordination zu erreichen.
London übernimmt Vorreiterrolle
Brown wolle die Problematik im Jemen und Somalia auf die Agenda des EU-Außenministertreffens Ende des Monats und den kommenden EU-Gipfel setzen, sagte die britische Regierungssprecherin weiter. Der Regierungschef hatte bereits zu Beratungen am Rande der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London eingeladen.
Kritik am MI5
Unterdessen ist der britische Geheimdienst MI5 erneut in die Kritik geraten. Nach einem Bericht der "Sunday Times" wussten die Ermittler bereits vor drei Jahren von mehrfachen Kontakten des gescheiterten Flugzeug-Attentäters Umar Farouk Abdulmutallab zu Extremisten in London. Sie waren vom MI5 beobachtet worden, während der Nigerianer in London Maschinenbau studiert hatte. Diese Informationen seien aber damals nicht an die US-Behörden weitergegeben worden. Dies sei inzwischen geschehen.
Der Jemen steht seit dem Flugzeuganschlag im Fokus. Der Al-Kaida-Ableger im Jemen hatte sich dazu bekannt. Der Attentäter aus Nigeria erhielt eigenen Angaben zufolge Ausbildung und Sprengsatz von Al-Kaida im Jemen. Experten befürchten, dass das Land wie Afghanistan zu einer Hochburg für radikale Muslime werden könnte. Der Regierung in Sanaa zufolge könnten sich bis zu 300 Al-Kaida-Kämpfer im Jemen aufhalten.
Quelle: ntv.de, hdr/dpa/rts/AFP