Politik

Ex-Waffeninspekteur ermordet? Kelly vermutlich tot

Der vermisste britische Regierungsberater und ehemalige UN-Waffeninspekteur David Kelly ist wahrscheinlich tot. Die Polizei teilte am Freitag mit, eine am Morgen in der Nähe seines Wohnortes gefundene Leiche sehe aus wie der Vermisste. Auch die Kleidung der Leiche sehe so aus wie die, in der Kelly am Donnerstagnachmittag sein Haus verlassen hatte. Die Identifizierung sei aber noch nicht abgeschlossen.

Kelly soll der Regierung von Premierminister Tony Blair die Aufbauschung eines Irak-Dossiers vorgeworfen haben. Er stand deshalb in den vergangenen Tagen unter großem Druck.

Der 59-jährige Waffen-Experte war von einem Spaziergang am Donnerstagnachmittag nicht zurückgekehrt. Britische Medien hatten berichtet, der Berater des Verteidigungsministeriums sei möglicherweise die Hauptquelle für einen BBC-Bericht gewesen, wonach das Büro von Premier Tony Blair ein Dossier über die vom Irak ausgehende Gefahr aufgebauscht habe. Kelly hatte das bestritten. Am Dienstag war er noch von einem Untersuchungsausschuss des Unterhauses vernommen worden.

Kelly hatte vor dem außenpolitischen Ausschuss des Unterhauses gesagt, er habe mit dem BBC-Reporter Andrew Gilligan gesprochen. Er glaube jedoch nicht, dass er die Quelle für den Fernsehbericht gewesen sei. In dem Bericht hieß es, die Regierung habe Angaben des Geheimdienstes verändert, um eine stärkere Rechtfertigung für den Irak-Krieg vorlegen zu können. Umstritten ist insbesondere die Aussage, Irak sei innerhalb von 45 Minuten zum Einsatz biologischer oder chemischer Waffen bereit gewesen.

Bush und Blair verteidigen Dossier

Das bis heute nicht bestätigte Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak war eines der Argumente, mit denen die USA und ihre Verbündeten den Kriegseintritt begründet hatten. Die UNO hatte dagegen verlangt, die im Irak vor dem Krieg intensiv tätigen UNO-Waffeninspektoren sollten ihre Suche nach den von der UNO seit dem ersten Golf-Krieg verbotenen Waffen dort weiter fortsetzen.

US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair sehen sich zurzeit verstärkt Vorwürfen ausgesetzt, sie hätten vor dem Irak-Krieg geheimdienstliche Informationen über die angeblich vom Irak und seinem Waffenpotenzial ausgehende Bedrohung vor der Welt irreführend dargestellt. Bush hatte seinen damaligen Vorwurf, Irak habe sich in Afrika um den Kauf atomwaffentauglichen Urans bemüht, auf britische Geheimdienst-Informationen gestützt. Blair bekräftigte, Großbritannien stehe weiter zu dem Bericht.

Buhmann gefunden?

Ein unbekannter "Privatmann" könnte nach Informationen der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" den USA die gefälschten Unterlagen über angebliche Uran-Käufe des Irak in Niger übergeben haben. Nach Angaben einer "amerikanischen Quelle" habe die unbekannte Person im Oktober 2002 die Dokumente der US-Botschaft in Rom übergeben, schrieb das Blatt am Freitag. Damit solle offenbar betont werden, dass der italienische Staat nichts mit der Affäre zu tun habe.

Aus den USA und aus Großbritannien war zuvor behauptet worden, dass die Papiere, die angebliche Uran-Käufe des Regimes von Saddam Hussein belegen sollten, ihnen von italienischer Seite zugespielt worden seien. Eine Verwicklung der Geheimdienste hat die italienische Regierung jedoch kategorisch ausgeschlossen.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Ausschusses für Geheimdienste in Italien, Enzo Bianco, hielt es dagegen nicht für unmöglich, dass italienische Geheimdienste hinter der Affäre stecken. Informationen über angebliche Urankauf-Versuche des Irak, die dann in das umstrittene britische Dossier gelangt sind, könnten auf informellem Weg weitergegeben worden sein, sagte Bianco. Italienische Staatsanwälte haben inzwischen Ermittlungen im Zusammenhang mit den umstrittenen Dokumenten aufgenommen.

Fälschungen veröffentlicht

Die italienische Tageszeitung "La Repubblica" hatte am Mittwoch mehrere angeblich gefälschte Dokumente abgedruckt, die in der Irak-Uran-Affäre dem US-Geheimdienst zugespielt worden sein sollen. Die Dokumente seien auf dem ersten Blick als Fälschungen zu erkennen, schrieb das Blatt.

So stimme auf einem Brief, in dem der Außenminister Nigers vom Irak Auskünfte über den Uran-Kauf verlange, das Datum auf dem Briefkopf und im Text nicht überein. Ein anderer Brief, der an den nigerischen Präsidenten gerichtet war, trage die Unterschrift des Präsidenten selbst. Die Dokumente sollen nach Angaben der "Repubblica " aus Rom zunächst dem britischen und dann dem US-Geheimdienst zugespielt worden sein.

Die Stimme "klingt echt"

Derweil bemühten sich amerikanische Geheimdienst-Experten weiter darum, die Echtheit eines angeblich von Saddam stammenden Aufrufs zum "Dschihad" gegen die Besatzungsmächte zu überprüfen. In US-Regierungskreisen hieß es aber, die Stimme klinge echt. Diese rief die Iraker zum Widerstand gegen die Soldaten der USA und Großbritanniens auf und bestritt den Besitz von Massenvernichtungswaffen. Seit seinem Sturz am 9. April ist Saddam verschwunden. Vermutet wird, dass er sich irgendwo im Nordirak versteckt hält.

Quelle: ntv.de

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