Ukrainer sollen Krim verlassen Kiew holt seine Truppen aufs Festland
19.03.2014, 21:06 Uhr
Noch immer belagern schwerbewaffnete russische Milizen die ukrainischen Stützpunkte.
(Foto: imago/ITAR-TASS)
Die Ukrainer wollen nicht tatenlos zusehen, wie die Krim an Russland verloren geht. Kiew versetzt das Militär in volle Kampfbereitschaft - allerdings nur, um die Einheiten auf der Krim im Marsch zu setzen Richtung Festland.
Nach der Machtübernahme prorussischer Kräfte auf der Halbinsel Krim hat die ukrainische Führung das eigene Militär in volle Kampfbereitschaft versetzt und den Rückzug der Soldaten auf das Festland angeordnet. Die Maßnahme sei allerdings "nur vorübergehend", kündigte der Chef des nationalen Sicherheitsrates in Kiew, Andrej Parubij, an. Der Truppenabzugsplan soll auch gewährleisten, dass Familienangehörige der ukrainischen Soldaten "so schnell wie möglich" die von Russland beanspruchte Halbinsel verlassen könnten.
Zudem kündigte die prowestliche Führung in Kiew an, eine Visapflicht für Russen einzuführen. Der nationale Sicherheitsrat in Kiew beauftragte am Abend das Außenministerium, entsprechende Schritte einzuleiten. Die Regelung würde Millionen Menschen in Russland betreffen, die Verwandte in der Ukraine haben. Demnach müssten in Zukunft auch jene Einwohner der abtrünnigen Krim, die ihren ukrainischen Pass gegen einen russischen eintauschen, Visa für Besuche des ukrainischen Kernlandes beantragen.
Nur Stunden zuvor drangen dutzende prorussische Uniformierte auf das Gelände der ukrainischen Marine in Sewastopol vor und hissten russische Flaggen. Nach Dutzenden ukrainischen Soldaten hätten auch Kommandeure den Stützpunkt verlassen, meldete die Agentur Interfax. Nach ukrainischen Angaben, soll sich Marinechef Gajduk gestellt haben - im Jogginganzug, nicht in Uniform. Es habe weder Gewalt noch Verletzte gegeben. Später forderte die ukrainische Führung ultimativ die Freilassung Gajduks. Auch der Kreml forderte die Krim-Führung auf, Gajduk freizulassen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu verlange, ihn nicht an der Abreise in die Ukraine zu hindern, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums in Moskau.
Soldaten verlassen die Basen
Prorussische Truppen übernahmen unterdessen einen weiteren Marinestützpunkt auf der Krim. Nach Angaben von Angehörigen der ukrainischen Marine kam es dabei auf der Basis in Bachtschisarai rund 30 Kilometer südwestlich von Simferopol nicht zu Gewalt. "Russische Soldaten kamen hier an und forderten uns auf, die Basis zu verlassen. Das haben wir getan", sagte Major Eduard Kusnarenko vor dem Stützpunkt. Nach ukrainischen Angaben versuchten prorussische Kräfte zudem, einen Stützpunkt bei Jewpatorija im Westen der Krim zu stürmen. Zudem häuften sich Berichte, nach denen immer mehr Soldaten ihre Basen freiwillig verlassen.
Die moskautreue Krim-Führung hatte die ukrainischen Soldaten auf der Halbinsel zum Seitenwechsel aufgerufen. Das ukrainische Verteidigungsministerium wiederum erteilte die Erlaubnis zum Waffeneinsatz zur Selbstverteidigung. Der Chef der russischen Schwarzmeerflotte, Alexander Witko, forderte die ukrainischen Truppen auf der Halbinsel auf, diesen Befehl nicht umzusetzen.
Berlin erwartet keine größeren Sanktionen
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reist kurzfristig nach Russland und trifft am Donnerstag Präsident Putin und Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Einen Tag später will er in Kiew mit Übergangspräsident Alexander Turtschinow und Regierungschef Arseni Jazenjuk über die Lage sprechen. Der Besuch sei "Teil der diplomatischen Bemühungen, um alle Seiten zu einer friedlichen Lösung der Krise zu bewegen", teilten die Vereinten Nationen mit.
Die Ukraine, zu der die Krim völkerrechtlich gehört, sowie der Westen werfen Russland einen eklatanten Bruch internationalen Rechts vor. Die EU und die USA wollen weitere Sanktionen, beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel ist die Ukraine ein Hauptthema. Die Bundesregierung rechnet allerdings nicht damit, dass der Gipfel eine weitreichende Verschärfung der Strafmaßnahmen - etwa Wirtschaftssanktionen - beschließen wird.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel stoppte derweil bis ein Exportgeschäft des Rüstungskonzerns Rheinmetall mit Russland. Das Wirtschaftsministerium teilte mit: "Die Bundesregierung hält in der gegenwärtigen Lage die Ausfuhr des Gefechtsübungszentrums nach Russland für nicht vertretbar."
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa/rts