Politik

Moskau halbiert Gasdruck Kiew kürzt Transfer an EU

Der Streit der Ukraine mit dem russischen Gasmonopolisten Gazprom hat möglicherweise Folgen für Deutschland und weitere EU-Staaten. Gazprom hat die für die Ukraine bestimmte Liefermenge halbiert, weil Kiew seine Gasschulden nicht umgehend bezahlte. Die Ukraine droht unterdessen, den Transit nach Westeuropa einzuschränken. Die EU-Kommission forderte beide Seiten zu einer raschen Lösung des Konflikts auf.

Illegal abgezapft

Deutschland bezieht etwa 35 Prozent seines Gases aus Russland - über die Ukraine und Weißrussland. Bereits Anfang 2006 waren die Lieferungen nach Westeuropa eingeschränkt worden, nachdem Russland am Gashahn gedreht hatte. Gazprom warf den Ukrainern damals vor, illegal Gas abzuzapfen. Etwa 80 Prozent der russischen Gaslieferungen an die Europäische Union laufen derzeit durch die Ukraine.

Naftogas macht Druck


Bei dem Streit gehe es um den Schutz der wirtschaftlichen Interessen Gazproms, sagte der Sprecher des vom Kreml kontrollierten Konzerns, Sergej Kuprijanow. Die ukrainische Gasgesellschaft Naftogas forderte Gazprom zur Einhaltung der Liefervereinbarungen auf. Der Transit werde nur so lange gewährleistet, wie die Versorgungssicherheit der Ukraine nicht gefährdet sei, teilte Naftogas in Kiew mit. Naftogas wolle zunächst auch auf eigene Reserven zurückgreifen. Gazprom hatte zuvor erklärt, dass den Kunden in der EU kein Schaden durch den Konflikt der beiden Ex-Sowjetrepubliken drohe.

Russische Verlässlichkeit

Die russische Strategie weckt Erinnerungen an das vergangene Jahr: Im Juli 2007 hatte Russland seine Öllieferungen an Deutschland gedrosselt, bis sich der Zwischenhändler Sunimex bereiterklärte, mehr Geld für das russische Öl zu zahlen. Einige Monate zuvor hatte es zudem einen dreitägigen Lieferstopp gegeben, der heftige politische Debatten um die Verlässlichkeit der Energielieferungen ausgelöst hatte. Über die betroffene Druschba-Pipeline bezieht Deutschland etwa ein Fünftel seines Bedarfs an Erdöl.

Auch Gazprom fährt zurück

Der Gazprom-Konzern hatte bereits am Montag, einen Tag nach dem Wahlsieg seines Aufsichtsratschefs Dmitri Medwedew bei der Präsidentenwahl, die Liefermenge an die Ukraine um ein Viertel heruntergefahren.

Nach Gazprom-Angaben drohe den Kunden in der Europäischen Union derzeit kein Schaden durch den Konflikt der beiden Ex-Sowjetrepubliken. "Wir beliefern unsere europäischen Kunden in vollem Umfang", sagte Kuprijanow. Etwa 80 Prozent der russischen Gaslieferungen an die Europäische Union laufen jedoch durch die Ukraine.

"Lieferschwierigkeiten" verteuern das Gas

Die Gasrechnung für die Ukraine fiel zuletzt höher als üblich aus, weil Russland aufgrund von "Lieferschwierigkeiten" in Zentralasien den Anteil des teureren eigenen Gases am Export in die Ukraine erhöht hatte. Die prowestliche Regierungschefin Julia Timoschenko hatte in Kiew gesagt, ihr Land habe alle Schulden bei Gazprom beglichen. Umstritten war zuletzt auch das Engagement von Zwischenhändlern im russisch-ukrainischem Gasgeschäft.

Bei dem Gas-Streit zwischen beiden Ländern vor zwei Jahren war es zu verringerten Lieferungen an die Abnehmer in der EU und damit auch in Deutschland gekommen.

Auch für Deutschland wird es teurer

Medwedew hatte bereits im vergangenen Dezember angekündigt, dass die Erdgaspreise auch in Deutschland deutlich steigen würden. Und zwar bis zu 20 Prozent. "Die Globalisierung des Erdgasmarktes schreitet voran. Europa war, ist und bleibt jedoch unser Hauptmarkt", so Medwedew. Befürchtungen, Gazprom fördere zu wenig Erdgas, um die Nachfrage im Westen dauerhaft zu befriedigen, wies Medwedew als haltlos zurück. "Wir fördern genauso viel Erdgas, um unsere Binnennachfrage zu decken und unsere internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Im Unterschied zur Sowjetzeit fördern wir so viel Gas wie wir benötigen."

Erst zahlen, dann fördern

Gazprom bleibe seinem Prinzip treu, dass Gas erst verkauft werden müsse, um dann gefördert zu werden. Die Geschäftsbasis mit Kunden im Westen müssten auch in Zukunft langfristige Lieferverträge sein. Es wäre "verantwortungslos", solche Verträge zu kippen, wies Medwedew Überlegungen der EU zurück. Gazprom deckt rund ein Viertel des europäischen Erdgasverbrauchs in Deutschland sogar 40 Prozent.

Quelle: ntv.de

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