Politik

Radikal einfach Kirchhof legt Steuermodell vor

Im Wettstreit um das künftige Steuersystem liegt jetzt das mit Abstand einfachste und radikalste Modell vor. Nach dreijähriger Arbeit legte der renommierte Steuerexperte und Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhof am Donnerstag in Berlin ein neues Einkommen- und Unternehmensteuerrecht vor.

Der komplett ausformulierte Gesetzestext kommt mit nur neun Seiten aus und sieht im Kern einen einzigen Steuersatz von 25 Prozent auf jede Form von Einkommen vor. Zugleich werden sämtliche Ausnahmen und Privilegien abgeschafft.

Die Steuererklärung würde künftig nur zehn Minuten beanspruchen, sagte Kirchhof bei Vorlage seines Modells. Es müssten nicht mehr ganze Samstage dafür benutzt werden, um in Schuhkartons nach Belegen für die Abzugsfähigkeit zu suchen. Die bisher 163 Gründe, die Abzüge vom Bruttoeinkommen rechtfertigen, würden abgeschafft. Es werde keine Privilegien mehr geben, die andere zahlen müssten. Statt 235 seien nur 23 Paragraphen nötig.

Der Tarif mit einem Spitzensatz von 25 Prozent wird auf jedes Einkommen erhoben, also Löhne und Gehälter, Zinserträge, Gewinne von Selbstständigen und Unternehmenserträge. "Statt neidisch zu sein, würde sich jeder freuen, wenn ein Millionär sein Einkommen auf zwei Millionen verdoppelt, denn dann verdoppeln sich auch die Staatseinnahmen unweigerlich auf 500.000 Euro", sagte Kirchhof.

Zum Sozialausgleich bleibt das Existenzminimum nach dem Kirchhof-Modell weiter steuerfrei. Jedem Steuerpflichtigen und jedem Kind steht ein Grundfreibetrag von 8.000 Euro zu. Die nächsten 5.000 Euro werden zu 60, die folgenden 5.000 zu 80 Prozent besteuert. Hinzu kommt eine allgemeine Kostenpauschale von 2.000 Euro. Die volle Steuerpflicht mit einem Satz von 25 Prozent setzt also erst bei einem Einkommen von 20.001 Euro ein.

Das Ehegatten-Splitting sei in seinem Modell wie bisher, technisch aber einfacher enthalten. Die Körperschaftssteuer werde in die Einkommensteuer integriert. Zudem könne jeder Mittelständler die Rechtsform selbst wählen. Bei Veräußerung von Beteiligungen und Aktien wird grundsätzlich ein Gewinn von einem Zehntel des Veräußerungspreises unterstellt.

Zu den Chancen einer Umsetzung seines Modells sagte Kirchhof, er setze auch auf Unterstützung der fünf Bundesländer, die sein Konzept bereits testen: "Vielleicht wissen wir nach dem zweitägigen Ministerpräsidententreffen an diesem Freitag mehr." Der Heidelberger Uni-Professor sprach sich für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren bei Einführung seines Konzeptes aus, in Sonderfällen von vier Jahren.

Quelle: ntv.de

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