"Karneval" im EU-Parlament Klaus sorgt für Eklat
19.02.2009, 18:23 UhrMit einer äußerst euroskeptischen Rede hat der tschechische Präsident Vaclav Klaus im Europaparlament Buh-Rufe und deutliche Kritik auf sich gezogen. Der CSU-Abgeordnete Bernd Posselt nannte den Beitrag eine "Provinzposse eines begnadeten Selbstdarstellers". Applaus spendeten vor allem euroskeptische Abgeordnete und Vertreter der Rechtsextremen.
Vor dem in Brüssel tagenden Plenum bekräftigte Klaus seine Kritik am EU-Reformvertrag von Lissabon. Das Vertragswerk werde noch mehr Entscheidungen nach Brüssel verlagern und die Bürger noch weiter von der EU entfernen. Am Vortag hatte der Reformvertrag in Tschechien mit der Zustimmung des Unterhauses die erste Hürde genommen.
Zur Ratifizierung sind aber noch die Zustimmung des Senats und die Unterschrift des Präsidenten notwendig. Vor Journalisten ließ Klaus weiter offen, ob er seine Unterschrift unter den Vertrag setzen wird.
Der tschechische Präsident kritisierte auch, dass der Lissaboner Vertrag das Mitspracherecht des Europaparlaments stärken soll. Dies werde bestehende Übel in der EU noch verstärken, sagte Klaus. Als Beispiele nannte er "Demokratiedefizit", Mangel an Rechenschaftspflicht und Bürokratie.
Kritik übte Klaus an dem "Postulat", wonach eine immer weiter gehende europäische Integration die einzige Alternative für die EU sei. Für die EU gebe es noch andere "Varianten und Möglichkeiten", über die diskutiert werden müsse. Tschechien hat Anfang des Jahres für sechs Monate den EU-Vorsitz übernommen. Für die EU-Politik ist in Prag aber nicht der Staatschef zuständig, sondern die Regierung.
Der CSU-Politiker Posselt sagte, Klaus spiele leider nach einem "nationalistischen Libretto aus dem 19. Jahrhundert". Die Grünen schlugen vor, Klaus einen Karnevalsorden "für den besten Provokateur" zu verleihen.
Der Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Europaparlament, Jo Leinen (SPD), warf Klaus vor, die von allen Mitgliedsländern vereinbarten Grundlagen der EU abzulehnen. Er tue dies entweder aus "Ignoranz oder Arroganz". Die Rede habe gezeigt, dass der tschechische Präsident einem "nationalstaatlichen Denken des 19. Jahrhunderts" verhaftet bleibe.
Auch Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) wies die Kritik am Reformvertrag zurück. Heute habe das Europaparlament bei drei Viertel der EU-Gesetze ein Mitspracherecht, nach Inkrafttreten des Vertrags werde dies für "nahezu alle Bereiche" gelten. Gerade weil dies so sei, entschieden in der EU nicht die Bürokraten, sondern es entscheide das gewählte Parlament.
Quelle: ntv.de