Politik

Palin legt los Kleinstadt-Amerika kämpft

Mit einer kämpferischen Rede hat Alaskas 44-jährige Gouverneurin Sarah Palin ihre Nominierung zur Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner angenommen. Auf dem Parteitag in St. Paul griff sie den demokratischen Kandidaten Barack Obama scharf an, warf ihm in spöttischem Tonfall Unerfahrenheit vor und stellte ihn als elitären und karriereorientierten Opportunisten dar.

Palin trat mit einen aggressiven Tonfall auf, der bis dahin auf dem Parteitag gefehlt hatte. Die Delegierten dankten es ihr mit Jubel. Die "Washington Post" schrieb, Palin habe bewiesen, "dass sie der Partei, die 2008 meist beunruhigt und demoralisiert war, einen Energieschub geben konnte". Die "New York Times" titelte: "Palin elektrisiert den Parteitag".

Kleinstadt-Kämpferin gegen die "Washingtoner Elite"

"Es ist leicht zu vergessen, dass dies ein Mann ist, der zwei Memoiren, aber keinen einzigen größeren Gesetzentwurf und keine größere Reform verfasst hat, nicht einmal im Senat von Illinois", sagte Palin vor jubelndem Publikum. Sich selbst stellte sie als Reformerin dar, die sich gegen "die Sonderinteressen, die Lobbyisten, große Ölfirmen und das Netzwerk der guten alten Jungs" gestellt habe. Ihre Kritiker in den Medien und bei den Demokraten kanzelte sie als "Washingtoner Elite" ab.

CNN-Kommentator David Gergen sagte, er glaube, Palin werde die Rolle des "Pitbull" im McCain-Wahlkampf zufallen. Seine Kollegin Gloria Borger fühlte sich an die Kulturkämpfe der siebziger und achtziger Jahre erinnert. "Es ist das Kleinstadt-Amerika gegen das städtische Amerika" - Palin sei eine "authentische Sprecherin" für Kleinstadt-Amerika.

Rede aus der Feder des Bush-Redenschreibers

Das Obama-Lager erklärte, Palins Rede sei "vom Redenschreiber von George Bush geschrieben" und klinge "genau wie die spaltenden Attacken, die wir in den letzten acht Jahren von George Bush gehört haben". CNN zufolge war Bush-Mitarbeiter Matthew Scully verantwortlich für weite Teile der Rede.

"Was genau will er vollbringen, nachdem er das Meer geteilt und den Planet geheilt hat?" fragte Palin in ihrer Rede mit Blick auf Obama. Die Antwort sei, er wolle die Regierung größer machen "und mehr von eurem Geld wegnehmen". Der Vorwurf, die Demokraten wollten die Steuern erhöhen und die Rolle des Staates stärken, gehört zum Standardrepertoire in republikanischen Wahlkämpfen.

Familie mit Höhen und Tiefen

Auch auf die Kontroverse um ihre schwangere ledige 17-jährige Tochter ging sie nur indirekt ein. "Unsere Familie hat ihre Höhen und Tiefen wie jede andere ... die gleichen Herausforderungen und Freuden." Zu ihrer Rede waren die Tochter und ihr 18-jähriger Freund gekommen.

McCain hatte sich überraschend Palin als Kandidaten für den Vize-Posten ausgesucht. Konservative begrüßen ihre Ablehnung von Abtreibungen sowie ihr Eintreten für niedrige Steuern und liberale Waffengesetze. Allerdings gilt sie wegen ihrer Unerfahrenheit als politisches Risiko. Zudem wurde bekannt, dass McCain sich für Palin entschied, ohne Ergebnisse von Erkundigungen abzuwarten, die über die Gouverneurin eingezogen wurden.

Auf dem Parteitag wurde McCain formell zum Kandidaten bestimmt. In der Nacht zum Freitag wird der 72-jährige Senator aus Arizona zur besten Sendezeit vor einem Millionen-Publikum die vielleicht wichtigste Rede seines Wahlkampfs halten. McCain liegt neusten Umfragen zufolge hinter Obama. Die Wahl findet am 4. November statt.

Quelle: ntv.de

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