Politik

Gambari verlässt Birma Klima der Angst

Der Sondergesandte der Vereinten Nationen, Ibrahim Gambari, ist nach viertägigen Gesprächen aus Birma abgereist. Zuvor traf er den Chef der Militärregierung, Than Shwe. Das Gespräch fand nach Angaben eines ausländischen Diplomaten am abgelegenen Regierungssitz Naypyitaw statt. Einzelheiten wurden nicht bekannt. Ein UN-Sprecher hatte zuvor erklärt, Gambari werde die Junta auffordern, die Unterdrückung friedlicher Proteste zu beenden, Inhaftierte freizulassen und demokratische Reformen einzuleiten. Laut UN-Kreisen will Gambari im November erneut nach Birma reisen.

Vor seinem Abflug kam Gambari auch ein zweites Mal mit der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi zusammen. Das kurze Gespräch mit Suu Kyi in einem Regierungsgästehaus folgte auf ein erstes Treffen Gambaris mit der 62-jährigen Friedensnobelpreisträgerin am Samstag. Suu Kyi ist eine von hunderten politischen Gefangenen im Land und wird unter Hausarrest ohne Außenkontakte festgehalten.

Than Shwe soll die Tochter eines birmanischen Helden aus dem Unabhängigkeitskampf abgrundtief hassen und die Aussprache ihres Namens in seiner Gegenwart verboten haben. "Über Aung San Suu Kyi zu sprechen ist in diesem Land fast eines der größten Verbrechen", sagte der Erzbischof von Rangun, Charles Bo.

Geheime Razzien

Aus der Millionenstadt Rangun gab es unterdessen Berichte über Razzien gegen Oppositionelle. Augenzeugen zufolge zeigte das Militär eine etwas geringere Präsenz auf den Straßen Ranguns als an den Vortagen. Das Ausgehverbot wurde um zwei Stunden verkürzt und erstreckt sich nun auf die Zeit von 22.00 Uhr bis 4.00 Uhr. Allerdings durchsuchten den Machthabern nahestehende Banden Häuser nach oppositionellen Mönchen und Zivilisten, hieß es weiter. "Sie gehen von Wohnung zu Wohnung, verwüsten dort alles und bedrohen die Menschen", sagte ein Birma-Experte in Bangkok mit engen Kontakten ins Land. "In der ganzen Stadt herrscht ein Klima der Angst." US-Geschäftsträger Shari Villarosa sagte, die Festnahmen seien während der gesamten Dauer von Gambaris Reise weitergegangen. Offenbar sollten durch Einschüchterung weitere Proteste verhindert werden. Viele Bewohner von Rangun entwickelten unterdessen eine neue Form des Protests: Während der Nachrichtensendung im staatlichen Fernsehen schalteten sie Fernsehgeräte und das Licht aus.

Das Militär hatte nach tagelangen Protesten von Zehntausenden Mönchen und Zivilisten vergangene Woche Tränengas und Schlagstöcke und Maschinengewehre eingesetzt. Wie viele Menschen dabei ums Leben kamen, ist weiter unklar. Nach offiziellen Angaben starben zehn Menschen. Nach australischen Angaben gab es 30 Tote. 1400 Menschen seien festgenommen worden, sagte Außenminister Alexander Downer. Die Opposition fürchtet nach Angaben des aus Norwegen sendenden Radios Demokratische Stimme Burmas, dass bis zu 200 Menschen starben.

Die Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, verlangte in Genf von der Junta volle Aufklärung der Ereignisse. Hilfsorganisationen müssten zu den Internierten gelassen werden, "vor allem im Licht der nächtlichen Razzien und Einschüchterungen".

Birmas Außenminister U Nyan Win machte vor der UN-Vollversammlung "politische Opportunisten" für die Unruhen verantwortlich. Sie suchten mit Hilfe des Auslands eine Machtprobe, um das daraus resultierende Chaos auszunutzen. Die internationale Gemeinschaft forderte er auf, sich einer Einmischung zu enthalten, die Öl ins Feuer gießen würde.

Neue Sanktionen geplant

Die US-Regierung erwägt indes wegen der Unterdrückung der Proteste in Birma weitere Wirtschaftssanktionen gegen die Militärregierung. "Wir prüfen derzeit diese Möglichkeit", sagte US- Außenamtssprecher Tom Casey am Montag in Washington. Er forderte zudem China, Indien und Thailand auf, ihre engen wirtschaftlichen Beziehungen zum Nachbarn Birma zu nutzen, um den Druck auf das Regime zu erhöhen.

Bereits am Donnerstag hatte Washington die Auslandskonten der herrschenden Militärs gesperrt und US-Firmen Geschäfte mit 14 hochrangigen Funktionären des Regimes untersagt. Zu ihnen gehört auch der Junta-Führer Than Shwe. Die USA prüften aber auch andere Maßnahmen, "um den Druck auf das Regime für einen positiven Wandel zu erhöhen", sagte Casey. Denkbar wäre ein verschärftes Importverbot für Güter aus Birma in die USA. Bereits 2003 hatte die US-Regierung als Reaktion auf die Niederschlagung demokratischer Proteste und die Inhaftierung der Oppositionsführerin Aung Sang Suu Kyi die Einfuhr von Textilien aus Birma eingeschränkt.

Quelle: ntv.de

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