Nachhaltiges Regieren Klimaschutz beschlossen
05.12.2007, 07:08 UhrDie Bundesregierung hat den ersten Teil eines umfangreichen Energie- und Klimaschutzprogramms beschlossen. Umweltminister Sigmar Gabriel sagte, Deutschland mache "einen Riesenschritt" in Richtung des Zieles, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um 40 Prozent abzusenken. Die Regierung verspricht sich zudem Konjunkturimpulse und Tausende neue Stellen.
"Das ist auch ein richtiges Konjunkturprogramm", sagte Gabriel. Wirtschaftsminister Michael Glos merkte an, die Regierung mache damit pünktlich zur Weltklimakonferenz in Bali mit konkreten Schritten deutlich, dass Deutschland eine Vorreiterrolle spielen wolle.
Mit ihrem Programm traf die Regierung in der Wirtschaft, der Politik und bei den Umweltverbänden auf ein gemischtes Echo. Vorsichtige Unterstützung, teils ergänzt um die Mahnung, die Kosten und Belastungen nicht aus den Augen zu verlieren, kam von BDI und Handwerksverband ZDH. Umweltschutzverbände wie WWF und BUND sowie Verbraucherschützer sprachen von einem positiven Schritt, dem weitere folgen müssten.
"Die Kohlepolitik wird alles kaputt machen"
Allerdings warfen Umweltschützer der Regierung eine Schonung der Energiekonzerne vor und sagten ihr voraus, die Umweltziele zu verfehlen. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte bei n-tv: "Das bemerkenswerteste an dem Paket der Bundesregierung ist, was nicht drinsteht: Das heiße Eisen Kohlepolitik wird überhaupt nicht angefasst." In Deutschland würden derzeit über 20 neue Kohlekraftwerke gebaut und geplant. Wenn es dazu komme, "dann kann die Bundesregierung alle schönen Pläne, die sie jetzt aufschreibt, und die im einzelnen noch nicht einmal reichen, um das selbstgesetzte Ziel zu verwirklichen, die kann sie dann alle wieder in die Schublade legen", so Bütikofer. "Die Kohlepolitik wird es kaputt machen."
Skeptisch äußerte sich auch Klaus Töpfer, ehemaliger Generaldirektor des UN-Umweltprogramms und früherer CDU-Bundesumweltminister. "Das, was beschlossen ist, wird nicht ausreichen, um die 40 Prozent zu erreichen", sagte Töpfer in der Sendung "Europa@n-tv". Jedoch sei "zunächst einmal gut, dass der Nagel in der Wand ist".
15 Einzelmaßnahmen
Das Kabinett beschloss nach den Worten von Gabriel insgesamt 15 Gesetze und Verordnungen. Damit würden rund 36 Prozent der angestrebten 40 Prozent Minderung beim Schadstoffausstoß bis 2020 geschafft. Wesentliche Zielsetzungen sind, den Anteil erneuerbarer Energien im Strom- und Wärmesektor mehr als zu verdoppeln sowie die Energiespar-Anstrengungen im Gebäudebereich drastisch um zwei Mal 30 Prozent nach oben zu schrauben.
"Kein anderes Land der Welt kann mit einem so ambitionierten und konkreten Programm zur Weltklimakonferenz nach Bali fahren", sagte Gabriel. Damit werden die Beschlüsse der Kabinettsklausur vom August in Meseberg umgesetzt. Ein zweiter Teil des dort verabredeten Programms soll im Mai 2008 beschlossen werden.
Durch das Maßnahmenbündel dürften nach Gabriels Worten über Investitionen erhebliche wirtschaftliche Impulse, etwa für das Handwerk, entstehen. Zudem ständen Hunderttausende neuer Arbeitsplätze etwa im Bereich der erneuerbaren Energien und des Baus in Aussicht. Auch Glos sieht diese positiven Effekte, die aber noch nicht abschätzbar seien. Allerdings müsse mit Informationen alles getan werden, damit die neuen Vorgaben beim schwächelnden Wohnungsbau nicht neue Unsicherheiten auslösen.
Derzeit 1 Euro Aufschlag, 2020 ein paar Cent mehr
Umweltstaatssekretär Michael Müller hatte zuvor im rbb erklärt: "Insgesamt wird dieses Programm so um die dreieinhalb Milliarden Euro kosten." Gabriel räumte ein, dass der massive Ausbau der erneuerbaren Energien dem Stromkunden etwas mehr Kosten bescheren würden. Zahle der private Stromverbraucher für die Regenerativen Energien derzeit einen Euro im Monat, so dürften das 2020 1,40 Euro sein. Das halte er angesichts der positiven Effekte aber für vertretbar. Jedenfalls könne das Programm nicht für Strompreiserhöhungen 2008 verantwortlich gemacht werden - denn dann wirke es noch gar nicht. Andere Lasten aus dem Vorhaben, etwa für den Hausbesitzer, werden weitgehend über Förderprogramme abgefedert. Insgesamt stellt die Regierung 2008 mit 3,3 Milliarden Euro 200 Prozent mehr Mittel für den Klimaschutz zur Verfügung als noch vor zwei Jahren.
Glos hob hervor, mit dem Programm setze die Regierung mehr auf finanzielle Anreize zur effizienteren Energienutzung und zum stärkeren Einsatz erneuerbarer Energien denn auf Zwang. In Regierungskreisen war davon die Rede, dass die Stromkunden mit dem neuen Programm kurzfristig mit einer Gesamtsumme von etwa zwei Milliarden Euro belastet würden. Im Gebäudebereich läge die Belastung für Hausbesitzer bei etwa 700 Millionen Euro. Unter dem Strich rentierten sich aber die Anstrengungen im Klimaschutz und zur Steigerung der Energieeffizienz.
Quelle: ntv.de