Star der Münchner Sicherheitskonferenz Klitschko ruft nach Hilfe
02.02.2014, 06:41 Uhr
Vitali Klitschko bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
(Foto: dpa)
Ein ehemaliger Boxer ist 2014 der Star der wichtigsten sicherheitspolitischen Konferenz der Welt. Vitali Klitschko kämpft mit allen Mitteln. Wird es die Ukraine weiterbringen?
Vitali Klitschkos Stimme zittert. Über eine halbe Stunde hat er nun auf dem Podium der Münchner Sicherheitskonferenz gesessen und zugehört, wie hohe Politiker über seine Bewegung sprechen. Als er endlich selbst sprechen darf, weiß er, dass es vielleicht auf diese kurze Ansprache ankommt, wie es mit der Ukraine weiter geht. Klitschko sieht sich als Vertreter der Ukraine, aber er hat kein offizielles Amt. Regierungschefs empfangen ihn nicht als Staatsgast oder Gesandten der Ukraine. Für Klitschko ist diese Konferenz darum enorm wichtig: Hier kann er so viele Mächtige erreichen wie sonst nirgendwo. Im Saal sitzen Hunderte Abgeordnete, Minister und Regierungschefs.
Klitschko spricht davon, wie sein Land 1993 unabhängig wurde und wie die Ukrainer Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn in ihrer Entwicklung beobachteten. Diese ehemaligen Ostblock-Staaten sind mittlerweile EU-Mitglieder. Für die Ukraine seien die Jahre seit 1993 eine verlorene Zeit, sagt Klitschko. "Darum stehen wir hier seit zwei Monaten Tag und Nacht bei Regen und Schnee."
Häufig spricht er von "wir" und "den Ukrainern". Er sieht sich als ihr Vertreter, ihre Stimme. Dass das viele Ukrainer anders sehen, weiß er wohl selbst. Außenminister Leonid Koschara, der zu seiner Linken sitzt, weist darauf hin, dass in der Ukraine acht Millionen russischstämmige Menschen leben, die von einer Loslösung vom großen Bruder wahrscheinlich nichts wissen wollen.
Die Show gehört Klitschko
Es gehört zu den ungerechten Spielregeln der Sicherheitskonferenz, dass der ukrainische Regierungsvertreter mit seiner Ansicht relativ alleine ist. Neben ihm sitzt noch ein Abgeordneter aus Russland, umzingelt sind sie aber von Westeuropäern und Amerikanern. Die Konferenz ist zwar privat organisiert, aber von der deutschen Bundesregierung finanziert. Die Gästeliste stellt Wolfgang Ischinger zusammen, der früher deutscher Botschafter in den USA war. Die russischen und ukrainischen Minister sind hier, damit man weiß, über wen man redet. Der Konsens im Saal ist der des Westens. Die Show auf der Bühne gehört Vitali Klitschko.

Vitali Klitschko (rechts) zeigt dem ukrainischen Außenminister Leonid Koschara Fotos vom Maidan. Koschara tut zumindest interessiert.
(Foto: dpa)
Und der hat sich vorbereitet. Am Ende seines Statements lässt er Broschüren auf dem Podium und in den ersten Reihen verteilen. Darin sind Bilder von verletzten Demonstranten. Sie sollen beweisen, dass die Regierung brutal gegen die Proteste vorgeht - was die immer noch bestreitet. Außenminister Koschara sagt sogar, die Polizei würde sich noch nicht einmal gegen die Gewalt der Demonstranten wehren, weil die "westlichen Freunde" der Ukraine das ja verboten hätten. Außerdem sei sie für solche Einsätze gar nicht ausgerüstet. Während Koschara redet, faltet Klitschko die Broschüre auf und zeigt das Bild eines von seinen Wunden entstellten Mannes. "Bilder gibt es viele", sagt Koschara. Aber unter den Teilnehmern kommt es an.
Wie kann man ihn unterstützen?
Die Veranstaltung im großen Saal der Sicherheitskonferenz ist der wichtigste, aber bei Weitem nicht der einzige Termin Klitschkos an diesem Tag in München. Er trifft UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Außenminister John Kerry und den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer bekommt noch ein Treffen. Zwischendurch schaut Klitschko kurz in der Innenstadt vorbei, wo ukrainische Landsleute demonstrieren.
Als der ehemalige Boxer nach diesem Programm eine Pressekonferenz gibt, wirkt er ermattet. Der wuchtige Mann soll eine leichte Grippe haben, die Ränder um seine Augen sind deutlich zu sehen. Noch einmal sagt er das, was er an diesem Tag schon so oft gesagt hat: Wir brutal die Polizei ist und wie tapfer die Demonstranten. Dass er zu Kompromissen bereit ist und dass er die Unterstützung des Westens erbittet. Welche Art von Unterstützung? Geld, vielleicht sogar Waffen? Nein, sagt Klitschko. Nur politische Unterstützung.
Viel fällt auch ihm nicht ein, wie seiner Bewegung zu helfen ist. Sie ist zersplittert und von gewalttätigen Faschisten unterwandert. Nicht einmal die drei großen Parteien der Bewegung können sich auf mehr einigen als darauf, dass es so nicht weitergehen kann. Das Nobelhotel Bayerischer Hof ist voll mit seinen Unterstützern. Aber so, wie Klitschko vor der Presse sitzt, wirkt er sehr allein.
Quelle: ntv.de