Politik

Ende des Zickzackkurses? Koalition regelt Atom-Ausstieg

Ein Greenpeace-Aktivist hat die Quadriga in Berlin erklommen. Die Organisation will den Atom-Ausstieg bis 2015.

Ein Greenpeace-Aktivist hat die Quadriga in Berlin erklommen. Die Organisation will den Atom-Ausstieg bis 2015.

(Foto: dapd)

Nach der Verlängerung der AKW-Laufzeiten nun der nach Fukushima eilig eingelegte Rückwärtsgang: Die schwarz-gelbe Regierung bringt in Kürze ihren Fahrplan für den Ausstieg aus der Atomkraft auf den Weg. Ein "Ausstieg mit Augenmaß" ist oft angekündigt worden. Wahrscheinlich hangelt er sich nah an der Empfehlung der Ethik-Kommission und den ursprünglich rot-grünen Beschlüssen entlang.

Die Spitzen der Koalition von Union und FDP wollen an diesem Sonntag im Kanzleramt die Details des geplanten Atomausstiegs besprechen. Es wird erwartet, dass sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den zuständigen Ministern auf ein Ausstiegsdatum und die Zahl sofort stillzulegender Kernkraftwerke verständigt. Die von Merkel eingesetzte Ethikkommission zur Energieversorgung empfiehlt in ihrem Bericht ein Ende der Atomkraftnutzung bis spätestens 2021.

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer kündigte an: "Ich werde das Ergebnis der Ethikkommission zur Grundlage der Beratungen im Koalitionsausschuss machen. Gleichzeitig lobte der CSU-Chef das Votum der eingesetzten Kommission als "entscheidenden Beitrag für einen gesamtgesellschaftlichen Konsens".

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Koalition auf, den Empfehlungen der Ethikkommission zu folgen. "Die Kanzlerin muss sich endlich entscheiden: Will sie nur einen billigen Burgfrieden in ihrer zerstrittenen Koalition, oder will sie einen breiten Energiekonsens? Jetzt muss die Kanzlerin die Empfehlungen ihrer Ethikkommission in der Koalition durchsetzen", sagte Gabriel.

Erst verlängern, jetzt wieder verkürzen: Kanzlerin Merkel.

Erst verlängern, jetzt wieder verkürzen: Kanzlerin Merkel.

(Foto: dapd)

Gleichzeitig signalisierte der SPD-Vorsitzende Einigungsbereitschaft: "Für die SPD ist klar: Wir wollen einen Energiekonsens, der länger hält als nur eine Legislaturperiode. Wir sind bereit, auch schwierige Entscheidungen mitzutragen."

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft warnte aber vor zu viel Eile: "Entscheidend ist doch nicht, ob wir den Atomausstieg ein oder zwei Jahre früher oder später hinbekommen. Entscheidend ist, dass wir ihn gut gestalten und dabei die Versorgungssicherheit und die Preise berücksichtigen", sagte sie dem "Spiegel". Anderenfalls fürchtet Kraft Wettbewerbsnachteile für die energieintensive Aluminium-, Stahl- und Chemieindustrie.

Angst vor Stromausfällen

Ähnlich argumentiert die FDP. Parteichef Philipp Rösler vor einem übereilten Ausstieg aus der Atomenergie gewarnt. "Wir wollen alle gemeinsam den Ausstieg aus der Kernenergie", sagte Rösler am Sonntag in Berlin. Es müsse aber ein "realistischer Weg" beschrieben werden: "Wir müssen die Frage der Versorgungssicherheit und Preisgünstigkeit immer im Blick behalten."

Rainer Brüderle will den Ausbau der regenerativen Energien beschleunigen.

Rainer Brüderle will den Ausbau der regenerativen Energien beschleunigen.

(Foto: dpa)

Rösler sagte, seine Partei werde sich nicht an einem "Bieterwettbewerb" über ein mögliches Ausstiegsdatum beteiligen. Nötig sei es vielmehr, Ersatzkapazitäten im Bereich der alternativen Energieerzeugung zu schaffen, einen "vernünftigen Netzausbau" zu betreiben und Netzstabilität und damit Versorgungssicherheit zu garantieren. Zudem müsse Energie bezahlbar bleiben, sagte Rösler. "Wir wollen nicht, dass der Bürger die Zeche zahlt."

Der Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", es sei angesichts einer Gefahr von Stromausfällen noch nicht entschieden, dass die acht vorläufig abgeschalteten AKW dauerhaft vom Netz blieben. Der Atomausstieg könne "nur unter bestimmten Bedingungen mit einem Enddatum versehen" werden. "Wenn wir das Tempo beim Leitungsausbau für die erneuerbaren Energien nicht beschleunigen, scheitern wir am Ende." Brüderle forderte verkürzte Fristen im Baurecht und eine stärkere Rolle der Bundesnetzagentur.

Kraft appelliert an Merkel

Kraft, die derzeit Bundesratspräsidentin ist, forderte Merkel auf, die Länderkammer an den Entscheidungen umfassend zu beteiligen. "Wenn Frau Merkel wirklich vorhat, die Länder zu umgehen, ist das ein neuer Vertrauensbruch", sagte Kraft. "Die Energiewende kann nur im Konsens mit den 16 Ministerpräsidenten gelingen - und nicht als eiliger Alleingang der Kanzlerin."

Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima hatte sich die Regierung zu einer Kehrtwende in ihrer Atompolitik entschlossen. Den bereits vorübergehend abgeschalteten acht Meilern droht nun das endgültige Aus. Erst im Herbst 2010 hatte die Regierung die Laufzeiten eigentlich um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert.

Die Empfehlung der Ethikkommission, die auf ein Ende spätestens 2021 hinausläuft, wird von Greenpeace heftig kritisiert. Die Umweltschutzorganisation hält einen Ausstieg schon 2015 für möglich.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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