"Halten Sie ein!" Köhler appelliert an Entführer
14.03.2007, 15:08 UhrAuf Bitten der Bundesregierung hat sich Bundespräsident Horst Köhler in einer Video-Botschaft direkt an die Entführer der beiden Deutschen im Irak gewandt. Er appellierte an sie, ihre Geiseln sofort freizulassen. "Es gibt kein politisches Ziel, das die Entführung oder die Tötung unschuldiger Menschen rechtfertigt. Keine Religion erlaubt ein solches Verhalten", sagte Köhler in der am Mittwoch in Deutschland ausgestrahlten Botschaft. Sie sollte zeitgleich im arabischen Raum gesendet werden.
Nach Angaben des Bundespräsidialamts sprach Köhler die Botschaft am Rande seiner Lateinamerika-Reise auf ausdrücklichen Wunsch der Bundesregierung. Die Entführer der 61-jährigen Deutschen und ihres Sohns hatten sich am vergangenen Samstag erstmals öffentlich gemeldet und mit der Tötung der Geiseln gedroht, sollte die Bundeswehr ihren Afghanistan-Einsatz nicht beenden. Sie stellten der Bundesregierung ein 10-Tage-Ultimatum, das kommenden Dienstag abläuft.
Köhler sagte in seiner Video-Botschaft: "Ich appelliere an Sie, Frau Krause und Ihren Sohn umgehend freizulassen. In Irak ist schon zu viel unschuldiges Blut vergossen worden. Halten Sie ein! Geben Sie die Geiseln ihren Familien zurück." Die 61 Jahre alte Frau, die den Geburtsnamen Krause trägt und mit einem irakischen Professor verheiratet ist, sowie ihr 20-jähriger Sohn sind seit dem 6. Februar in der Gewalt ihrer Entführer.
Im Auswärtigen Amt in Berlin arbeitet ein Krisenstab rund um die Uhr. Es werde alles unternommen, um den Entführten eine unversehrte Rückkehr zu ihrer Familie zu ermöglichen, hieß es. Es ist das erste Mal, dass Bundespräsident Köhler sich direkt an Geiselnehmer wendet. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte das im Fall der ebenfalls im Irak entführten Susanne Osthoff 2005 getan. Sie wurde später freigelassen.
Köhlers Appell im Wortlaut
"Am 6. Februar wurden in Bagdad die beiden Deutschen, Frau Hannelore Krause und ihr Sohn Sinan, entführt. Seitdem befinden sie sich in der Hand unbekannter Täter, und seitdem bemüht sich die Bundesregierung um ihre Freilassung. Am letzten Samstag drohten die Entführer mit der Ermordung der Geiseln, wenn sich die Bundeswehr nicht aus Afghanistan zurückzieht. Es gibt kein politisches Ziel, das die Entführung oder die Tötung unschuldiger Menschen rechtfertigt. Keine Religion erlaubt ein solches Verhalten. Ich wende mich jetzt direkt an Sie, die Entführer: Ich appelliere an Sie, Frau Krause und ihren Sohn umgehend freizulassen. In Irak ist schon zu viel unschuldiges Blut vergossen worden. Halten Sie ein! Geben Sie die Geiseln ihren Familien zurück."
Erschütterndes Geiselvideo
Die Entführer hatten am Samstag in einem Internet-Video mit der Ermordung der Geiseln gedroht, falls die Bundeswehr nicht binnen von zehn Tagen mit dem Abzug aus Afghanistan beginne. Die Bundesregierung hatte daraufhin erklärt, sie bemühe sich weiter intensiv um die Freilassung der beiden Deutschen, lasse sich aber nicht erpressen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) versicherte in Berlin, die Bundesregierung werde nichts unversucht lassen, um die beiden entführten Deutschen freizubekommen.
In dem Video bittet die verschleppte 61 Jahre alte Hannelore Marianne K. unter Tränen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um Hilfe. Sie sagt mit tränenerstickter Stimme: "Wir sind doch auch Deutsche." Die Frau und ihr 20 Jahre alter Sohn waren am 6. Februar in Bagdad verschleppt worden. Beide sollen seit Jahrzehnten im Irak leben. Die 61-Jährige stammt aus dem Großraum Berlin.
Neben der Frau mit einem lose umgebundenen Kopftuch kauert in der Aufnahme ihr Sohn, dessen Hand sie während der ganzen Zeit hält. Von dem Sohn ist an einer Stelle ein Schluchzen zu hören. Steinmeier nannte die Aufzeichnung "ein erschütterndes Dokument". Die 61-Jährige spricht in deutscher Sprache. Sie sagt weiter: "Ich bin hier festgehalten worden schon seit einer ganzen Weile, und ich bitte sie (Bundeskanzlerin Angela Merkel), mir zu helfen. Diese Leute hier wollen meinen Sohn vor meinen Augen umbringen und hinterher mich. Ich möchte nicht auf diese Art und Weise sterben."
Vor der jüngsten Entführung wurden in den vergangenen Jahren bereits zwei Mal Deutsche im Irak verschleppt: Ende 2005 die Archäologin Susanne Osthoff und Anfang 2006 die beiden Ingenieure Thomas Nitzschke und Ren Bräunlich. Alle kamen wieder frei - Medien berichteten von Lösegeldzahlungen in Millionenhöhe.
Quelle: ntv.de