Politik

Hochschulreform misslungen Köhler bemängelt Umsetzung

Bundespräsident Horst Köhler kritisiert die Umsetzung der Hochschulreformen in Deutschland ungewöhnlich scharf. Nach zehn Jahren "Bologna"-Prozess "sind wir wohl nicht dort, wo wir sein wollten", sagt er bei der 600-Jahr-Feier der Universität Leipzig.

Köhler lässt kein gutes Haar an der Umsetzung der Reform.

Köhler lässt kein gutes Haar an der Umsetzung der Reform.

(Foto: dpa-Zentralbild)

"Für die Bologna-Reform wie für das Megathema Bildung insgesamt gilt: Wir brauchen an vielen Stellen mehr Ehrgeiz und mehr Mitmacher." Der Hochschulbereich leide unter einer "chronischen Unterfinanzierung" sowie "schlechten Betreuungsquoten, maroden Gebäuden und mangelnder Infrastruktur für Forschung und Lehre". Bildungsministerin Annette Schavan stellte unterdessen eine Erhöhung der Fördermittel für Studenten ohne Abitur in Aussicht.

Aufwendungen unterdurchschnittlich

Köhler übte scharfe Kritik an den Verantwortlichen der Reform: "Wer im Bund und vor allem in den Ländern geglaubt hat, man könnte das Hochschulwesen kostenneutral umbauen, ja vielleicht sogar durch die Einführung der Bachelor-Studiengänge Geld sparen, der sei daran erinnert: Deutschlands Aufwendungen für den Hochschulbereich sind seit Jahren unterdurchschnittlich." Es sei gut, dass sich Bund und Länder geeinigt haben, zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung zu investieren. "Wenn nun aber so lange gerechnet wird, bis das Ziel nominal erreicht scheint, ohne wirklich mehr Geld in die Hand zu nehmen, dann lässt das daran zweifeln, ob den Worten Taten folgen."

Mit Aktionen in ganz Deutschland haben die Studenten auf ihre Situation aufmerksam gemacht.

Mit Aktionen in ganz Deutschland haben die Studenten auf ihre Situation aufmerksam gemacht.

(Foto: dpa)

Die Länder - Hauptverantwortliche für die Hochschulen - müssten das Thema zur "Chefsache" machen. Sie "können die Verantwortung nicht einfach weiterreichen an die Hochschulen, denen sie zwar mehr Freiheit gewährt haben, ohne das aber wirklich mit einem neuen Aufbruchsimpuls und mit den nötigen Ressourcen zu unterlegen", kritisierte der Bundespräsident. "Manche Hochschulen haben den Reformauftrag dann auch nur nach der Devise umgesetzt: 'Alter Wein in neuen, übervollen Schläuchen'." Die Klagen der Studenten, die seit Wochen bundesweit massiv gegen die Missstände protestieren, dürften einen daher nicht wundern. Es gebe aber auch Hochschulen, die mit den Reformen gute Erfahrungen gemacht haben, ergänzte Köhler.

Mehr Studenten ohne Abitur

Der Bund will derweil die Zahl der Studierenden ohne Abitur steigern und hat mehr Geld für Aufstiegsstipendien angekündigt. "Wir wollen die Chancengerechtigkeit beim Hochschulzugang erhöhen und nicht-traditionelle Hochschulzugangswege stärken", sagte CDU-Bildungsministerin Schavan der "Welt", ohne eine konkrete Summe zu nennen. 2008 seien rund 1500 Studenten gefördert worden. Sie qualifizierten sich unter anderem durch Meistertitel oder Berufserfahrung für ein Studium. Schavan forderte die Hochschulen auf, sich mehr um diese Zielgruppe zu bemühen. Den höchsten Anteil von Studierenden ohne Abitur haben Berlin (2,99 Prozent aller Studierenden), Hamburg (2,67 Prozent) und Hessen (2,63 Prozent).

Quelle: ntv.de, dpa

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