Politik

Koalitionsdebatte bei Lanz "Könnten bei NATO zu Einigung kommen"

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Würde nicht mit der Forderung nach einem NATO-Austritt in Koalitionsverhandlungen gehen: Katja Kipping.

(Foto: ZDF, Cornelia Lehmann)

Die Talkshow von Markus Lanz ist immer mal wieder für Überraschungen gut. Am Mittwochabend liefert Katja Kipping eine solche. Die ehemalige Linken-Chefin beseitigt mit nur einem Satz die wichtigste Hürde für mögliche Koalitionsverhandlungen mit der SPD.

Wie könnte eine Koalition nach den Bundestagswahlen aussehen? Darüber hat Markus Lanz mit seinen Gästen im ZDF in den letzten Wochen schon mehrfach spekuliert. Am Mittwochabend sorgten zwei Politiker dafür, dass in dieser Frage jetzt mehr Klarheit herrscht. Denn diesmal diskutierten Ex-Linken-Chefin Katja Kipping und Ralf Stegner von der SPD miteinander. Der Schleswig-Holsteiner, der zum linken Flügel der Sozialdemokraten gehört, will in der nächsten Legislaturperiode im Bundestag mitreden. Dass der Unterhaltungsfaktor bei den Debatten dann deutlich steigen könnte, zeichnete sich schon bei der Lanz-Sendung ab.

Union zerstritten, SPD profitiert

Stegner präsentierte sich locker und ironisch. Er wünsche sich wie viele seiner SPD-Kollegen eine Zweiparteienkoalition mit den Grünen. Der Wunsch könnte in Erfüllung gehen: Nach letzten Umfragen wollen bis zu 25 Prozent der Wähler den Sozialdemokraten ihre Stimme geben. Das könnte für eine Zwei-Parteien-Koalition ausreichen, wenn beide Partner noch zulegen. Forsa-Chef Manfred Güllner hält das zwar für unwahrscheinlich, wie er ntv.de sagte. Aber Stegner zeigt sich optimistisch: "Man hatte uns schon abgeschrieben, das ist immer falsch." Den Grund für das aktuelle Stimmungshoch sieht er bei den Konkurrenten seiner Partei: "Die Zerstrittenheit, die man uns früher nachgesagt hat, findet man jetzt in der Union. In der Krise wollen die Leute aber jemanden haben, der das Schiff lenken kann. Laschet kann das nicht so gut wie Scholz."

Die Ziele einer zukünftigen Koalition benennt Katja Kipping: "Wir haben Probleme anzupacken. Die Kipppunkte liegen bei der Rente, der Kinderarmut und bei den Niedriglöhnen." Nach Kippings Meinung muss die nächste Regierung eine sozialökologische Wende einleiten. "Das geht nur Links von der CDU." Doch dass mögliche Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen schwierig würden, ist auch Kipping klar: "Alle drei Parteien sind eine Herausforderung füreinander."

Linke will Mittelstand steuerlich entlasten

Deutliche Kritik an einem rot-grün-roten Regierungsbündnis übt in der Sendung Sarna Röser. Sie ist Bundesvorsitzende von "Die jungen Unternehmer", einem Lobbyverband für den Mittelstand. Und sie beklagt vor allem die Pläne, eine Unternehmenssteuer einzuführen und die Erbschaftssteuer zu erhöhen. Diese Schritte würden den Mittelstand aushöhlen und ihm das Kapital entziehen, meint sie. Sie ist für eine Neuregelung der Sozialleistungen und des Rentensystems. "Wir müssen auf die Beamtenpensionen schauen", schlägt sie zudem vor. Denn die seien viel zu hoch. "Da können wir einiges ändern, wenn wir nicht mehr alle verbeamten."

Katja Kipping versucht mit wenig Erfolg zu beruhigen. Die Linke wolle den Mittelstand fördern, sagt sie. Und sie verspricht mehr öffentliche Aufträge, wenn das Geld dafür da sei. Zufrieden ist Röser nicht. "Ich erwarte eine klare Absage von Rot-Grün-Rot", verlangt sie.

"Wir könnten zu einer Einigung kommen"

Tatsächlich könnten mögliche Koalitionsverhandlungen an einem Punkt scheitern: Am Verhältnis der Linken zur NATO. Und bei diesem Punkt gibt es dann die Überraschung des Abends: Wenn es nach Katja Kipping geht, ist die Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO kein Problem für die Linken. "Wir könnten in der Sache zu einer Einigung kommen", sagt sie.

Und so sieht die Richtung aus: Die NATO habe sich in den vergangenen Jahren zu einem Interventionsbündnis entwickelt, erklärt Kipping. Will sagen: Die NATO greife in die Entwicklung anderer Länder militärisch ein. Aber Interventionskriege wie der in Afghanistan seien nicht erfolgreich. Das sei auch die Meinung von US-Präsident Joe Biden, der zuletzt derartige Kriege ausgeschlossen habe. Der Linken würde die Garantie ausreichen, in Zukunft keine Interventionseinsätze mehr zu führen.

Bleibt noch die Frage der Erhöhung des Verteidigungshaushalts. Da sind sich Kipping und Stegner einig: Die Kosten der Corona-Krise seien so hoch, dass für Verteidigung letztlich kein Geld mehr vorhanden sei. "Der Austritt aus der NATO war für uns nie eine Vorbedingung für Koalitionsverhandlungen", so Kipping. "Wir wollten keine Kriegseinsätze der NATO und kein Geld für die Aufrüstung ausgeben." Stegner stimmt ihr zu: SPD-Kanzlerkandidat Scholz habe klargestellt, dass die NATO-Verträge gelten. "Aber kein Mensch kommt auf die Idee, dass wir jetzt Militäreinsätze haben wollen." Und weiter: "Verantwortliche Politik wiederholt begangene Fehler nicht." Stegner unterschlägt allerdings, dass Scholz bereits erklärt hat, dass auch eine künftige Bundesregierung mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben müsse.

Für ein rot-grün-rotes Bündnis mag sich Stegner am Ende nicht aussprechen. "Darüber reden die Hardcorefans der Union, weil sie glauben, man könne damit jemanden erschrecken. Aber zum Erschrecken müssen sie besser in die Geisterbahn gehen - und die ist auch noch unterhaltsamer."

Quelle: ntv.de

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