Die Geister, die Merkel rief "Kompromiss" zum Klimaschutz
05.12.2008, 16:37 UhrBei den umstrittenen Klimaauflagen der EU hat Deutschland lange auf Ausnahmen gedrängt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hat die französische Ratspräsidentschaft jetzt einen Vorschlag vorgelegt, der die deutschen Wünsche stärker berücksichtigt, als der Bundesregierung lieb sein dürfte. Mit Klimaschutz hat das nicht mehr viel zu tun.
Der französische Kompromiss schütze die Industrie stärker als von Deutschland gefordert, hieß es in EU-Kreisen, die sich auf ein Papier Frankreichs vom Donnerstagabend beriefen. So würde ab 2013 die Industrie nahezu vollständig von der Pflicht ausgenommen, ihre Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte zu ersteigern. Im Gegenzug verlangen die Franzosen, dass Osteuropa sowohl bei Kraftwerken als auch bei der Zahl der zugeteilten Verschmutzungsrechte Vorteile erhalte.
Der Vorschlag soll Grundlage für den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel sein, bei dem die Staats- und Regierungschefs das Klimapaket beschließen wollen. Die Ideen der Franzosen seien allerdings so weitreichend, dass massiver Widerstand von den anderen Staaten zu erwarten sei, hieß es in deutschen Regierungskreisen.
Faktische Aus für CO2-Zertifikate
Nach den Informationen von EU-Diplomaten und aus der Bundesregierung sollen in der Industrie diejenigen Unternehmen von der Pflicht zur Zertifikate-Ersteigerung ausgenommen werden, bei denen die Kosten dadurch über fünf Prozent der Bruttowertschöpfung steigen würden. Als weiteres Kriterium soll eine Handelsintensität - also Im- und Export - von über zehn Prozent gelten. Davon ist bereits ein Großteil der Industrie in Deutschland betroffen. Selbst, wer nicht das Handelskriterium erfülle, könne seine Verschmutzungsrechte gratis bekommen, wenn die Versteigerung die sogenannte Kohlenstoffintensität um 30 Prozent übersteige. Dies trifft für die Kalk- und Zementindustrie zu.
Darüber hinaus sollen noch sogenannte Qualitätskriterien gelten wie die Wirtschaftsentwicklung im Allgemeinen oder die Beschäftigungssituation. Insgesamt würden so über 90 Prozent der deutschen Industrie von der Pflicht zum Kauf von Verschmutzungsrechten befreit, sagten deutsche Regierungsvertreter. Der Bundesregierung geht der französische Vorschlag zu weit: Die Qualitätskriterien würden für alle Länder Tür und Tor öffnen und den Klimaschutz unmöglich machen, hieß es in deutschen Regierungskreisen.
Noch am Donnerstag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag angekündigt, sie werde bei allem Bekenntnis zu den allgemeinen Zielen die deutsche Positionen sehr hart vertreten, damit in Deutschland nicht Arbeitsplätze verloren gingen.
Quelle: ntv.de