Politik

Zwangsarbeiter-Entschädigung Kontroverse um "Rechtssicherheit"

Politiker, Anwälte und Vertreter der Wirtschaft haben sich nach dem Zwangsarbeiter-Urteil der New Yorker Richterin Shirley Wohl Kram mit sehr unterschiedlichen Einschätzungen zu Wort gemeldet. Der Regierungsbeauftragte in Sachen Zwangsarbeiterentschädigung, Otto Graf Lambsdorff, bezeichnete die von Kram gestellten Bedingungen als nicht akzeptabel.

Kram hatte als Bedingung für die endgültige Abweisung einer Sammelklage gegen deutsche Banken gefordert, die deutsche Stiftung zur Zwangsarbeiterentschädigung solle auch österreichische Ansprüche befriedigen. Weiter verlangte Kram, dass der Bundestag die Zahlungen an die Opfer vor der Mitte Juli beginnenden Sommerpause ermöglichen müsse.

Im Hinblick auf die österreichischen Ansprüche warf Lambsdorff der Richterin ein unmögliches Vorgehen gegen den Bundestag vor. Selbst wenn das Entschädigungsgesetz geändert würde, gebe es nicht mehr Geld.

Dagegen sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, alle Beteiligten hätten vorher gewusst, dass Kram die Sammelklagen nur unter bestimmten Bedingungen abweisen würde. Dass die Wirtschaft sich jetzt skeptisch zeige, sei "interessengeleitet ". Das Urteil stelle kein neues Hindernis dafür dar, dass der Bundestag noch vor der Sommerpause die ausreichende Rechtssicherheit feststellt.

Opferanwalt Michael Witti erklärte, Kram verstehe offenbar das deutsche Rechtssystem nicht. Die von ihr gesetzten Bedingungen seien "nicht zu erfüllen, führen aber, falls nicht erfüllt, zum Wiederaufleben der Klagen". Eine Umverteilung der Stiftungsmittel, um auch die abgetretenen Ansprüche zu befriedigen, sei ohne Gesetzesänderung nicht möglich. Witti forderte die Banken erneut auf, zusätzliche Mittel für die offenen Ansprüche bereitzustellen.

Die Abweisung von Klagen ist Voraussetzung für einen Beschluss des Bundestags zur "Rechtssicherheit" für deutsche Firmen, mit dem das Parlament die Entschädigungszahlungen freigibt. Dazu muss nach unstrittiger Auffassung zunächst die Kram-Klage abgewiesen sein.

Der Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Gibowski, sagte, Krams Bedingungen würden die Abweisung der Sammelklage relativieren. Die tschechischen und polnischen Kuratoriumsmitglieder der Entschädigungsstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", Jiri Sitler und Bartosz Jalowiecki, erklärten dagegen, Kram habe die Abweisungen der Klagen keinesfalls mit der Bedingung verknüpft, dass für die abgetretenen österreichischen Bankenklagen Zahlungen aus der Stiftung geleistet werden müssten.

Kram habe nur eine Bedingung an die deutsche Seite gerichtet: "dass die Zahlungen vor der Sommerpause des Bundestages erfolgen".

Quelle: ntv.de

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