"Wegschließen!" Kontroverse um Sexualstraftäter
09.07.2001, 12:33 UhrDie Forderung von Bundeskanzler Gerhard Schröder nach dauerhafter Inhaftierung von Sexualstraftätern hat bei Politikern und Experten ein unterschiedliches Echo gefunden. Der Hamburger Innensenator Olaf Scholz begrüßte den Schröder-Vorschlag.
Der Kanzler habe Recht, wenn er sage, Kinderschänder seien nicht therapierbar, sagte der SPD-Politiker im NDR. Die Wiederholungsrate liege bei 90 Prozent, betonte Scholz.
Auch der mecklenburg-vorpommersche Justizminister Erwin Sellering unterstützte die Initiative. Nur wenn die Wiederholungsgefahr "ausnahmsweise ausgeschlossen" werden könne, dürfe die Sicherungsverwahrung vorzeitig enden, so der SPD-Politiker.
Bayern will die Ernsthaftigkeit der Schröder-Aussage im Bundesrat auf die Probe stellen. Am Freitag stünden in der Länderkammer auf der Tagesordnung Anträge zur nachträglichen Sicherheitsverwahrung für besonders gefährliche Straftäter und mehr Möglichkeiten bei der Anwendung von DNS-Tests, sagte Bayerns Justizminister Manfred Weiss der Nachrichtenagentur AP. Wenn es dem Kanzler ernst sei mit seinem Vorschlag, müsse er auf die SPD geführten Länder Einfluss um deren Zustimmung üben, sagte der CSU-Politker
Rückfällig werden Wenige
Kaum Erfolg versprechend ist eine härtere Bestrafung nach Ansicht von Strafverteidigern und Therapeuten. Die Vorsitzende des Verein Deutscher Strafverteidiger Regina Michalke sagte der Nachrichtenagentur dpa, die allermeisten Sexualtäter würden erfolgreich behandelt. Forderungen nach Wegschließen trügen zu einer "gefährlichen Spirale" im Umgang mit Schwerverbrechern bei.
Ebenfalls der dpa sagte der Geschäftsführer des Stuttgarter Vereins "Bewährungshilfe" Bayer: "In den vergangenen drei Jahren haben wir insgesamt 109 Sexualstraftäter aus Baden-Württemberg behandelt, von diesen sind drei rückfällig geworden. "
"Therapiepflicht für Sexualstraftäter"
Der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck forderte unterdessen, dass sich alle Sexualstraftäter einer Therapie stellen müssten. Dies solle auch für die gelten, die nur kleinerer Delikte beschuldigt würden, sagte er im ZDF. Beck forderte die Bundesländer auf, die notwendige Infrastruktur zu schaffen. Faktisch würden Sexualverbrecher derzeit nur weggesperrt. Deswegen sei auch keine Besserung möglich.
"Wegschließen - für immer!"
Nach den jüngsten Kindesentführungen in Deutschland hatte Schröder im Interview mit der "Bild am Sonntag" geäußert: "Ich komme mehr und mehr zu der Auffassung, dass erwachsene Männer, die sich an kleinen Mädchen vergehen, nicht therapierbar sind. Deswegen kann es da nur eine Lösung geben: Wegschließen - und zwar für immer!
Quelle: ntv.de