Politik

"Das übersteht Rösler nicht" Kopfpauschale durch die Hintertür

Da sind sich Koalition und Opposition einmal einig: Mit der Gesundheitsreform wird es für die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen teurer. "Wer Fortschritt will, der muss auch mehr dafür bezahlen", begründet das die CDU. Die SPD erwartet eine Kopfpauschale ohne Sozialausgleich. Trotzdem zeigt sich CSU-Chef Seehofer zufrieden.

Rösler hatte seine politische Zukunft an das Gelingen der Gesundheitsreform gekoppelt.

Rösler hatte seine politische Zukunft an das Gelingen der Gesundheitsreform gekoppelt.

(Foto: dpa)

Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung müssen nach Einschätzung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach mit Zusatzbeiträgen von 20 Euro pro Monat rechnen. Selbst wenn die Koalition alles umsetze, was sie vorschlage, bliebe ein Milliardendefizit,  sagte Lauterbach der in Erfurt erscheinenden "Thüringer Allgemeinen". Er erwarte aufgrund der Koalitionspläne zusätzlich 20 Euro pro Monat für die Versicherten. Dies sei eine Kopfpauschale durch die Hintertür, "und zwar auf die ungerechteste Art und Weise, denn es wird keinen Sozialausgleich geben", kritisierte Lauterbach.

Wer Fortschritt will, soll zahlen

Auch der CDU-Gesundheitspolitiker Jans Spahn lässt keinen Zweifel daran, dass auf die Versicherten höhere Kosten zukommen. "Insgesamt werden die Zusatzbeiträge oder das Volumen sicherlich steigen", sagte Spahn in der ARD. Es gehe darum, eine breitere Finanzierungsgrundlage für die Gesetzliche Krankenversicherung sicherzustellen. Dies müsse zügig geschehen. "Es muss bis zur Sommerpause klar sein, wie es weitergeht", sagte der CDU-Politiker. "Wir müssen das System ändern. Nichts tun, wäre keine Option."

Dem Sender SWR 2 sagte Spahn, in einer älter werdenden Gesellschaft, die medizinischen Fortschritt wolle, werde Gesundheit teurer. "Und wir versuchen einen Teil des Defizits im nächsten Jahr durch Sparen zu erwirtschaften, aber der andere Teil wird natürlich zusätzliche Belastung bedeuten. Wer Fortschritt will, der muss auch mehr dafür bezahlen."

Seehofer ganz zahm

CSU-Chef Horst Seehofer zeigt sich zufrieden - und sieht die Berliner Koalition nach den verbalen Scharmützeln der letzten Wochen jetzt auf einem guten Weg. Man sei zwar noch längst nicht am Ziel, aber die Gespräche hätten sich am Wochenende "sehr gut angelassen", sagte Seehofer. Die Experten von Union und FDP durchleuchteten jetzt in aller Ruhe alle Möglichkeiten und Alternativen. "Das ist jetzt ein Verfahren, das ganz normal ist und vielleicht - ohne jede Kritik - schon ein paar Monate früher hätte stattfinden können", sagte er.

Versöhnliche Töne vom CSU-Chef.

Versöhnliche Töne vom CSU-Chef.

(Foto: REUTERS)

Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich lehnten jedoch ab, schon jetzt konkret von höheren Belastungen für die Versicherten zu sprechen. "Lasst uns einmal Schritt für Schritt machen", sagte Seehofer. Friedrich räumte aber ein, dass es verschiedene Stellschrauben gebe, an denen man drehen müsse. Eine davon sei, die Ausgaben im Gesundheitssystem zu begrenzen. "Aber die andere ist natürlich, dass man die Einnahmeseite zugunsten der Kassen verbessert - und das bedeutet möglicherweise dann auch höhere Belastungen. Aber das muss man im Einzelnen sehen", so Friedrich.

Röslers Stuhl wackelt

In der Gesetzlichen Krankenversicherung droht im kommenden Jahr ein Defizit von elf Milliarden Euro. Das soll durch Einsparungen und Mehreinnahmen verhindert werden. Experten der Koalitionsparteien hatten am Wochenende in Berlin über Einsparmöglichkeiten beraten; erste Eckpunkte sollen bis zur Sommerpause vorgelegt werden.

Lauterbach wertete den Gesundheitsgipfel als "unverbindliches Geplaudere". Dass es offensichtlich "wieder keine Ergebnisse" gegeben habe, wirke sich auch auf die Stellung von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) aus. Dessen Stuhl wackele "ab jetzt zu jedem Zeitpunkt, denn bisher haben wir gar nichts Brauchbares von ihm gesehen." Wenn die nächste Runde wieder nichts bringe "und das einzige Ergebnis ein Zusatzbeitrag von 20 Euro pro Monat für jeden ist, dann werden die Wähler die FDP endgültig abstoßen. Das übersteht Rösler nicht."

Die SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann legte Rösler erneut den Rücktritt nahe. Dieser habe sein politisches Schicksal mit der Einführung einer Kopfpauschale verbunden, sagte Reimann im rbb-inforadio. Wenn sich das nicht realisieren lasse, solle der Minister die Konsequenzen ziehen. Mit den bisher vorgelegten Vorschlägen werde die schwarz-gelbe Koalition auch ihr Ziel nicht erreichen, im kommenden Jahr vier Milliarden Euro im Gesundheitswesen einzusparen.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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