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Der Kriegstag im Überblick Kreml: Westliche Hilfe bremst Vormarsch - Putin verlangt Aufgabe der Asowstal-Kämpfer

Die Lage am Stahlwerk-Asowstal ist unübersichtlich.

Die Lage am Stahlwerk-Asowstal ist unübersichtlich.

(Foto: picture alliance / AA)

Bei seinem Angriff auf die Ukraine verliert Russland offenbar mehrere Generäle. US-amerikanische Geheimdienste sollen daran keinen geringen Anteil haben - und damit das Ende des Militäreinsatzes hinauszögern, erklärt ein Kremlsprecher. Am Ausgang des Krieges soll es aber keinen Zweifel geben. Anders sieht es mit der russischen Zusage für eine Feuerpause für das Asowstal-Stahlwerk in Mariupol aus. Die russischen Soldaten ließen keine Evakuierung von Zivilisten zu, sagen die ukrainischen Truppen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj räumen derweil ihren Zwist aus. Der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko wundert sich über die lange Kriegsdauer - und äußert vorsichtige Kritik an Russland. Der 71. Kriegstag im Überblick.

Moskau: Westliche Hilfen bremsen Russland

Russland glaubt trotz der westlichen Geheimdiensthilfe für die Ukraine an einen Sieg. "Unserem Militär ist bekannt, dass die USA, Großbritannien und die NATO als Ganzes ständig Informationen und andere Daten an die ukrainischen Streitkräfte übermitteln", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Dies trage ebenso wie die westlichen Waffenlieferungen "nicht zu einem schnellen Abschluss der Operation" bei, ergänzte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Diese Unterstützung könne aber nicht verhindern, dass Russland seine selbstgesteckten Ziele erreichen werde.

Peskow reagierte mit seinen Aussagen auf einen Bericht der "New York Times", demzufolge die Ukraine mithilfe von amerikanischen Geheimdienstinformationen russische Generäle tötet.

Putin verlangt Aufgabe der Asowstal-Kämpfer

Der russische Präsident Wladimir Putin fordert die Ukraine dazu auf, den im Asowstal-Stahlwerk verschanzten Kämpfern die Aufgabe zu befehlen. Russland sei bereit, den eingeschlossenen Zivilisten auf dem Gelände in Mariupol einen sicheren Abzug zu ermöglichen, heißt es in einer Erklärung des Präsidialamts in Moskau. Dies habe Putin Israels Ministerpräsidenten Naftali Bennett in einem Telefonat mitgeteilt.

Die Ukraine hatte Moskau zuvor vorgeworfen, gegen die vereinbarte Feuerpause zu verstoßen. Die russischen Soldaten ließen die Evakuierung von Zivilisten nicht zu, sagte Swjatoslaw Palamar, ein Kommandeur des ukrainischen Asow-Regiments, in einem Telegram-Video.

Baerbock reist nach Kiew - Selenskyj lädt auch Steinmeier und Scholz ein

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Das bestätigte eine Sprecherin des Präsidenten. Mit dem Vorgang befasste Personen sagten zudem, dass Selenskyj sowohl Steinmeier als auch Kanzler Olaf Scholz nach Kiew eingeladen habe. Der ukrainische Präsident hatte zuvor einen Gesprächswunsch Steinmeiers wochenlang unbeantwortet gelassen.

Mit dem Gespräch und der Einladung endet ein wochenlanges Tauziehen um einen von der Ukraine abgesagten Kiew-Besuch Steinmeiers. Zunächst wird allerdings Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in die ukrainische Hauptstadt Kiew reisen. Das kündigte Bundeskanzler Scholz an. Es ist die erste Reise eines Regierungsmitglieds der Bundesregierung in das Land seit dem Überfall durch Russland.

Putin entschuldigt sich bei Israel für Hitler-Vergleich

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich bei Israel für den Hitler-Vergleich seines Außenministers Sergej Lawrow entschuldigt. Dies teilte das Büro von Israels Ministerpräsident Naftali Bennett nach einem Telefonat mit Putin mit. Bennett habe die Entschuldigung angenommen und "für die Klarstellung der Einstellung des Präsidenten zum jüdischen Volk und zum Holocaust-Gedenken gedankt".

Lawrow hatte in einem Interview behauptet, in der ukrainischen Regierung gebe es Neonazis. Bezogen auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fügte Lawrow hinzu: "Ich könnte mich irren, aber Hitler hatte auch jüdisches Blut."

Lukaschenko verwundert über Kriegsdauer

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko zeigt sich verwundert über die Dauer des russischen Kriegseinsatzes. "Um ehrlich zu sein, ich hätte nicht gedacht, dass sich diese Operation so lange hinziehen würde. Aber ich stecke nicht tief genug drin, um zu sagen, ob sie nach Plan verläuft, wie die Russen sagen", so Lukaschenko in einem Interview mit der US-Nachrichtenagentur AP. "Ich betone noch einmal, ich habe das Gefühl, dass sich diese Operation hinzieht." Angesprochen auf einen russischen Atomschlag gegen die Ukraine sagte Lukaschenko: "Der Einsatz von Atomwaffen ist nicht nur deshalb inakzeptabel, weil sie [die Ukrainer] direkt neben uns sind, da wir uns im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten nicht in Übersee befinden, sondern er ist auch inakzeptabel, weil er unseren Planeten zerstören könnte", so Lukaschenko.

Ukraine meldet Gegenoffensiven in der Region Charkiw

Die ukrainischen Streitkräfte sind offenbar dazu übergegangen, Gegenoffensiven nahe Charkiw und der von Russland besetzten Stadt Isjum zu starten. Das sagte der ukrainische Generalstabschef Walerij Saluschnyj der Zeitung "Kyiv Independent". Er fügte an, dass weiterhin erbitterte Kämpfe in der Nähe der Städte Popasna, Kreminna und Torske in der Region Luhansk stattfinden.

Geberkonferenz sammelt sechs Milliarden Euro ein

Eine internationale Geberkonferenz für die Ukraine hat in Warschau Zusagen von mehr als sechs Milliarden Euro erbracht. Das sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki zum Abschluss der gemeinsam mit Schweden organisierten Veranstaltung. Morawiecki zufolge wird das Geld "zur Unterstützung der Ukraine und all jener eingesetzt, die der Ukraine helfen". EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte weitere 200 Millionen Euro an Ukraine-Hilfe zu. Das Geld solle ukrainischen Binnenflüchtlingen zugutekommen. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte zusätzliche 125 Millionen Euro an humanitärer Hilfe von Deutschland an. Zudem stellte EU-Ratspräsident Charles Michel Kiew einen "europäischen Marshall-Plan" zum Wiederaufbau nach dem Krieg in Aussicht.

Gazprom will Nord Stream 2 zur Versorgung Russlands nutzen

Der russische Energieriese Gazprom will Teile der auf Eis gelegten Gas-Pipeline Nord Stream 2 vorerst für die Versorgung der eigenen Bevölkerung nutzen. Weil die Ostseepipeline derzeit nicht genutzt werde, habe Gazprom entschieden, "die überschüssigen russischen Gastransportkapazitäten an Land für die Entwicklung der Gasversorgung in den Regionen des Nordwestens von Russland zu nutzen", teilte das Unternehmen mit. Die Mitteilung enthält auch eine Warnung an Berlin: Sollte sich Deutschland entscheiden, Nord Stream 2 doch noch in Betrieb zu nehmen, könne in naher Zukunft höchstens der erste Strang der unter Wasser verlegten Trasse angeschlossen werden. Der zweite Strang sei nun nicht mehr vor 2028 zu nutzen.

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Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa/rts

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