Viele Verletzte in Frankreich Krisensitzung in Paris
27.11.2007, 07:33 UhrNach den nächtlichen Krawallen in Pariser Vorstädten mit Dutzenden verletzten Polizisten hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine Krisensitzung einberufen. Zahlreiche Jugendliche hatten in Villiers-le-Bel die zweite Nacht in Folge Steine und Brandsätze geworfen. Autos wurden angezündet, dutzende Geschäfte beschädigt und teils geplündert. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein und nahm fünf Personen fest. Unter den verletzten Sicherheitskräften ist auch ein Beamter, der offenbar mit einem Jagdgewehr beschossen wurde.
Sarkozy will sich am Mittwoch unmittelbar nach seiner Rückkehr aus China mit Vertretern seiner Regierung zu dem Krisentreffen zusammensetzen. Daran werden nach Angaben seines Sprechers auch Ministerpräsident Francois Fillon und Innenministerin Michele Alliot-Marie teilnehmen.
Die Ministerin kündigte bereits harte Strafen an: "Wer auf Polizisten schießt ist ein Verbrecher und wird dementsprechend verfolgt", sagte sie bei einem Besuch in Villiers-le-bel. Sie erklärte zudem, Kriminelle hätten Jugendliche benutzt, um die Polizei von bestimmten Orten wegzulocken, um anschließend Geschäfte zu plündern.
Mit dem Auftauchen von Waffen sei die Lage "schlimmer als 2005", sagte der Chef der Polizeigewerkschaft Synergie, Patrice Ribeiro. Es könne "zu Dramen kommen", wenn die Polizei gegen Bewaffnete vorgehe.
In der Nacht zum Dienstag hatten in Villiers-le-Bel Jugendliche die zweite Nacht in Folge Gebäude und Autos in Brand gesteckt und sich Schlachten mit der Polizei geliefert. Die Unruhen griffen auf fünf andere Orte des Dpartements Val d'Oise nördlich von Paris über. "Ein Polizist wurde von einer großkalibrigen Kugel an der Schulter verletzt", erklärte die Präfektur. 64 Polizisten seien verwundet worden, darunter drei "ernsthaft" durch Schrotgeschosse. Ribeiro sprach im Rundfunk sogar von 77 verletzten Beamten.
Binnen zwei Tagen zählte die Polizei deutlich mehr als 100 verletzte Beamte; bei den wochenlangen Krawallen 2005 waren täglich im Schnitt nur 15 verletzt worden. Seitdem haben sich viele Jugendbanden bewaffnet. Augenzeugen berichteten, Randalierer hätten Jagdgewehre in der Hand gehalten.
Die Jugendlichen zündeten Gebäude an, darunter eine Bibliothek, einen Kindergarten, eine Schule und Geschäfte. Das Sozialzentrum wurde geplündert und Dutzende Autos gingen in Flammen auf. Auch die anrückende Feuerwehr wurde attackiert. Journalisten, die die Krawalle filmen wollten, wurden von Jugendlichen attackiert. Zwei Kameraleuten wurde die Ausrüstung gestohlen. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein; Verletzte wurden in einem Feldlazarett behandelt. In Erwartung der Ausschreitungen hatten schon am Tage Autohändler Neuwagen abtransportieren lassen. Supermärkte hatten geschlossen.
Auslöser war der Unfalltod zweier Jugendlicher am Sonntag gewesen. Der 15-jährige Mouhsin und der 16-jährige Lakamy waren auf einem nicht zugelassenen Motorrad mit Vollgas auf einer Kreuzung gegen einen Streifenwagen gerast. Die Staatsanwaltschaft bescheinigte den Beamten, sich korrekt verhalten zu haben. Das werde von Augenzeugen und den Notärzten der Feuerwehr bestätigt. Anwohner warfen den Polizisten unterlassene Hilfeleistung vor. Im Internet wurde neben Videoaufnahmen von Polizeieinsätzen das Gerücht verbreitet, die Jugendlichen seien von der Polizei zu Tode gehetzt worden.
Quelle: ntv.de