Frau Pauli legt nach Kritik an Postenschacher
10.02.2007, 11:20 UhrDie Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) hat Kritik am politischen Stil des Führungsstreits in ihrer Partei geübt. Es sei "kein guter Stil, oben auszuhandeln, wer welche Position bekommt", kritisierte sie Absprachen zwischen dem designierten bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein und Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber, der als Favorit für den Parteivorsitz gilt. In einem Interview des Magazins "Focus" favorisiert Pauli Bundesagrarminister Horst Seehofer als Nachfolger von Edmund Stoiber im Amt des CSU-Parteichefs.
"Mich verwundert schon, dass man aus den Vorgängen der letzten Wochen offenbar keine Lehren gezogen hat", sagte Pauli. Erneut werde die Basis nicht oder nur widerwillig in die Entscheidungsfindung einbezogen.
Erstmals nannte die CSU-Landrätin Einzelheiten aus ihrem Gespräch mit Parteichef und Ministerpräsident Stoiber im Januar. Stoiber habe sich nicht dafür entschuldigt, dass sein Büroleiter Michael Höhenberger versucht habe, Details aus ihrem Privatleben auszukundschaften. Das Schicksal Höhenbergers habe ihn "weit mehr beschäftigt als der politische Schaden, der der CSU damit zugefügt wurde", sagte Pauli dem Magazin.
Die Spitzelaffäre um die 49-jährige Stoiber-Kritikerin, die eine Entscheidung der CSU-Basis über die Spitzenkandidatur gefordert hatte, hatte Ende 2006 die schwerste Krise in der Geschichte der CSU ausgelöst. Höhenberger hatte vor Weihnachten sein Amt abgegeben, nachdem er sich bei einem Parteifreund eingehend über Paulis Privatleben erkundigt hatte - laut Pauli auch über etwaige Alkoholprobleme oder Männerbekanntschaften. Höhenberger hatte das Telefonat zwar bestätigt, den Vorwurf der Bespitzelung aber zurückgewiesen. Nach schwerem Kampf hatte Stoiber letztendlich eingewilligt, seine Ämter als CSU-Chef und Ministerpräsident im September niederzulegen und nach 13 Amtsjahren nicht wieder zu kandidieren.
Inzwischen ist die von Stoiber angestrebte einvernehmliche Lösung im Führungsstreit in der CSU gescheitert. Beim jüngsten Vermittlungstreffen von zehn CSU-Spitzenpolitikern in München erklärten am Freitag sowohl Parteivize Horst Seehofer als auch Huber ihre Kandidatur. Damit ist auf dem Parteitag im September eine Kampfabstimmung zu erwarten. Der schwäbische CSU-Bezirkschef Markus Ferber forderte in der "Augsburger Allgemeinen" einen früheren Rücktritt Stoibers auf einem vorgezogenen Sonderparteitag bereits nach Ostern, um eine lange Auseinandersetzung zu vermeiden. Die Runde lehnte dies jedoch ab.
Die Parteispitze und die meisten CSU-Mandatsträger favorisieren Huber. Stoiber erklärte den Angaben zufolge bei dem Treffen, es sei kein Beinbruch, mit zwei Kandidaten in den Parteitag zu gehen. Innenminister Beckstein als designierter Ministerpräsident habe eine klare Präferenz für Huber zu erkennen gegeben, hieß es. Seehofer erhob bei dem Gespräch keine Vorwürfe gegen seine Kollegen, wie mehrere Teilnehmer übereinstimmend berichteten.
Huber sagte der dpa: "Ich werde mich als Mann der Mitte und als Mannschaftsspieler präsentieren, der die CSU gut in die nächsten zwei Wahljahre führen will." Er gehe sehr konzentriert und positiv gestimmt in die nächsten Monate. "Die letzten Wochen haben mir viel Rückenwind gebracht aus allen Regionen und allen Gliederungen der Partei." Am Montag wird der CSU-Vorstand sich mit dem Thema befassen. Die Zeitung "Die Welt" zitierte CSU-Kreise mit Spekulationen, dass Huber im Falle einer Entscheidung für ihn auch den Vorsitz der CSU-Landtagsfraktion übernehmen könne.
Die Gesprächsteilnehmer seien sich einig gewesen, dass "alle mit allen zusammen arbeiten" müssten, meinte ein weiterer Teilnehmer nach dem Treffen. Seehofer hatte zuvor in Zeitungsinterviews eine Erklärung Becksteins gefordert, ob dieser mit ihm zusammenarbeiten wolle. Ebenfalls fest steht, dass die CSU-Landesgruppe im Bundestag, die Münchner Landtagsfraktion und die CSU-Europagruppe keine Empfehlung für einen Kandidaten abgeben werden.
Quelle: ntv.de