Politik

Grünen-Parteitag in Stuttgart Künast plädiert für neue Agrarpolitik

Mit einer Grundsatzdebatte über die Verbraucherschutz- und Agrarpolitik haben die Grünen ihren dreitägigen Bundesparteitag in Stuttgart beendet. Dabei plädierte die neue Verbraucherschutzministerin Renate Künast für eine Wende in der Landwirtschaftspolitik.

Künast sagte, "in Zukunft schützen wir nicht mehr den Verbrauch von Produkten, sondern wir schützen den Verbraucher". Gleichzeitig forderte sie alle Beteiligten auf, zusammenzuarbeiten. "Die Wende in der Agrarwirtschaft kommt erst, wenn alle mitmachen, also Landwirte, Lebensmittelhersteller, Politik und Konsumenten", so Künast.

Ihr Ziel einer Umorientierung in der Landwirtschaftspolitik, die eine verbraucherorientierte Erzeugung statt Massenproduktion vorsieht, deckt sich mit dem verabschiedeten Leitantrag des Parteivorstandes. Der verkündet künftig “Klasse statt Masse” und das Ziel, den Anteil der ökologischen Landwirtschaft in Deutschland in zehn Jahren auf 20 Prozent zu erhöhen.

Grüne und Anti-Atom-Proteste

Am Samstag hatten die Grünen beschlossen, nicht zu Protesten gegen den Castor-Transport aufzurufen, die sich gegen den Atom-Konsens richten. Im Sinne eines raschen Atomausstiegs wollen die Grünen sich jedoch "an den Protesten der Anti-Atom-Bewegung in Ahaus, Gorleben und anderswo" beteiligen. So jedenfalls der Beschluss, dem die Delegierten mit großer Mehrheit zustimmten. Eine Zerreißprobe über die Haltung der Partei zu den Castor-Protesten wurde damit vermieden.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin, Parteichef Fritz Kuhn und seine neugewählte Co-Chefin Claudia Roth hatten die Partei zuvor eindringlich zur Zustimmung aufgerufen. "Ich finde es richtig, dass wir nicht zu Demonstrationen aufrufen, aber selbstverständlich werden Grüne teilnehmen", sagte Roth. Der Rücktransport von deutschem Atommüll ist Bestandteil des Atom-Konsenses. Für Ende März ist ein Castor-Transport nach Gorleben geplant.

Trittin versicherte, es werde in Gorleben "kein Endlager durch die kalte Küche " geben. Im Wendland richtet sich der Castor-Protest nicht nur gegen die Transporte, sondern vor allem gegen eine befürchtete Umwandlung des Zwischenlagers zum Endlager.

Vor der Debatte hatten einige Dutzend Atomkraftgegner Einlass in die Parteitagshalle verlangt. Sie wurden von der Polizei abgedrängt, bis eine Abordnung mit mehreren Delegierten samt der Protestplakate in den Saal einziehen durfte.

Fischer hält Plädoyer für Europäisierung

Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für eine Parlamentarisierung Europas hat Bundesaußenminister Joschka Fischer die Grünen aufgerufen, sich zu "europäisieren ". Vor allem die Osterweiterung der Europäischen Union biete eine enorme Chance zu einer Demokratisierung der EU.

Auch die Partei müsse "Strukturen und Denken" europäisieren. Im Vorfeld der nächsten Wahlen zum Europaparlament sollten Grüne aus anderen Ländern zu Debatten hinzugezogen werden. "Wir als ökologische und demokratische Partei müssen das Erbe Europas aufnehmen und fortentwickeln", rief Fischer.

Trennung von Amt und Mandat

Zuvor hatten die Delegierten sich mit knapper Mehrheit bei zwei "urgrünen" Themen gegen die Parteispitze gestellt. Sie beschlossen, dass Minister der Partei nicht gleichzeitig Abgeordnete sein dürfen. Für Fischer und Trittin bleibt dieser Beschluss allerdings folgenlos, da die Regelung nicht rückwirkend gilt.

Asylrecht

Die Delegierten forderten außerdem, den Asylkompromiss von 1993 aufzukündigen. Demnach soll die Fraktion im Bundestag eine Gesetzesinitiative einbringen, wonach der Artikel 16 des Grundgesetzes wieder in seiner alten Fassung gelten soll. Auf die bundesdeutsche Rechtslage wird dieser Beschluss keine Auswirkungen habe, da für Grundgesetzänderungen eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag nötig ist.

Grün wählt Roth

Bereits am Freitagabend wurde Claudia Roth erwartungsgemäß zur neuen Vorsitzenden gewählt. Mit 91,5 Prozent der Stimmen erhielt sie ein für Grünen-Verhältnisse ungewohnt eindeutiges Ergebnis. Die Parteilinke Roth wird künftig gemeinsam mit dem "Realo" Fritz Kuhn die Partei führen.

n-tv.de überträgt den gesamten Grünen-Parteitag live.

Quelle: ntv.de

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