Linke verteidigen Beck "Künstlicher Antikommunismus"
29.02.2008, 13:20 UhrNach einer Angriffswelle konservativer Sozialdemokraten gegen den Kurs von SPD-Chef Kurt Beck haben sich Vertreter des linken SPD-Flügels zu Wort gemeldet und den Umgang mit der Linkspartei verteidigt. Es sei "eigentlich eine Selbstverständlichkeit", dass die Landesverbände "selber entscheiden können, wie sie auf Länderebene mit wem zusammenarbeiten", sagte die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel bei n-tv.
Drohsel griff die Beck-Kritiker direkt an. "Der Ort, wo man Kritik hätte äußern können, war im Parteivorstand. Ich finde, es ist ein sehr merkwürdiger und vor allem schlechter Stil, zuzustimmen und dann im Nachhinein wild rumzumosern." Vorstand und Präsidium der SPD hatten am Montag beschlossen, den Landesverbänden die Entscheidung über etwaige Kooperationen mit der Linkspartei zu überlassen.
Auch inhaltlich stellte Drohsel sich hinter den neuen Umgang mit der Linken. "Ich glaube, entscheidend ist, dass wir zu einem sachlichen und entspannten Umgang mit der Linkspartei kommen, und da hilft dieser künstliche Antikommunismus, mit dem so eine Blockadepolitik immer wieder versucht wird zu begründen, eben keinesfalls weiter, sondern da muss man einfach die inhaltliche Auseinandersetzung suchen."
Wowereit: Beck ist kein Geisterfahrer
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit stellte sich ebenfalls hinter Beck. "Kurt Beck ist kein Geisterfahrer", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. "Er fährt auf der richtigen Spur und in die richtige Richtung", sagte Wowereit unter Anspielung auf ein Zitat des Hamburger SPD-Spitzenkandidaten Michael Naumann. Dessen Enttäuschung sei menschlich verständlich. "Es gibt aber keinen Beweis, dass die Äußerung von Kurt Beck den Hamburgern geschadet hat."
Wowereit warnte davor, die Linkspartei zu tabuisieren: "Die Linkspartei ist nicht mehr wegzudiskutieren." Dass sie sich etabliert habe, sei zwar unbequem. Eine Tabuisierung oder gar Stigmatisierung nutze aber nur der Linkspartei selbst. Wowereit fügte hinzu, es sei breiter Konsens in der SPD, dass es nach der Wahl 2009 keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei im Bund geben werde, weil sie nicht regierungsfähig sei.
Kraft: Kein Glaubwürdigkeitsproblem
Die nordrhein-westfälische SPD-Chefin Hannelore Kraft nahm Beck gegen den Vorwurf der Unglaubwürdigkeit in Schutz. "Ich sehe ein Glaubwürdigkeitsproblem bei Kurt Beck nicht", sagte Kraft im ZDF. Kraft wiederholte, die SPD in ihrem Land werde nach der Landtagswahl in zwei Jahren selbst über einen möglichen Koalitionspartner entscheiden. Auch eine Zusammenarbeit mit der Linken halte sie sich offen. Die Partei sei zwar im Moment noch weit von der SPD entfernt, dies könne sich aber ändern. "Uns geht es um Inhalte, nicht um taktische Spielchen."
Beck ist krank
Aus Krankheitsgründen fällt Beck in der kommenden Woche aus. Wie SPD-Sprecher Lars Kühn mitteilte, wird der rheinland-pfälzische Ministerpräsident aufgrund einer hochfiebrigen Virusgrippe und einer eitrigen Mandelentzündung auf Anraten seines Arztes "alle Termine bis voraussichtlich Ende nächster Woche absagen". Damit entfällt voraussichtlich auch die für den kommenden Donnerstag (6. März) nach dreimonatiger Pause erstmals wieder einberufene Sitzung des Koalitionsausschusses von Union und SPD. Der SPD-Parteirat wird nach Angaben der Partei an diesem Montag ohne den Vorsitzenden beraten.
Beck hatte sich am Montag krank gemeldet und auch nicht mehr an den Beratungen der SPD-Spitzengremien zur Hamburg-Wahl teilgenommen. Er laboriert bereits seit längerem an einer verschleppten Grippe. Trotz zunehmender Beschwerden hatte er in der vergangenen Woche noch Auftritte zur Kommunalwahl in Bayern an diesem Sonntag absolviert.
Quelle: ntv.de