Die Union und die Großstadtthemen Kuhn reibt Salz in die Wunden
22.10.2012, 13:07 Uhr
Stuttgarts künftiger Oberbürgermeister Kuhn hält die CDU in den Hauptstädten der Bundesrepublik für "nicht mehr mehrheitsfähig". Die CDU finde ein Thema erst gut, "wenn es schon durch ist". Nach Ansicht von Experten steht die CDU im Südwesten vor einer langen Durststrecke. Noch schlechter sehe es allerdings für die SPD aus.
CDU und FDP haben nach Ansicht des grünen Siegers bei der Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl, Fritz Kuhn, ihre Vorherrschaft im bürgerlichen Lager verloren. Dort gebe es "keine Dominanz mehr von CDU und FDP. Das ist längst gebrochen", sagte Kuhn am Tag nach seinem Wahlsieg bei einer Pressekonferenz in Stuttgart. Anders sei es auch gar nicht möglich, dass die Grünen in Baden-Württemberg nun "den Ministerpräsidenten des Landes und den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt stellen".
Seine Partei beherrsche "sehr viele Diskurse", die in der Stadt wichtig seien, sagte Kuhn weiter. "Die Grünen sind in Baden-Württemberg und Stuttgart hegemonial geworden." Der frühere Fraktionschef der Grünen im Bundestag hatte in der zweiten Runde der Wahl zum neuen Stadtoberhaupt 52,9 Prozent der Stimmen erhalten. Sein parteiloser Konkurrent Sebastian Turner, der von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützt worden war, kam auf 45,3 Prozent.
"CDU in den Hauptstädten nicht mehrheitsfähig"
Die CDU hatte bei der Kommunalwahl 2009 bereits die Position der stärksten Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat an die Grünen abgeben müssen. Bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr verlor sie nach fast 60 Jahren die Macht an Grün-Rot.
"Die CDU ist in den Hauptstädten der Bundesrepublik nicht mehr mehrheitsfähig", sagte Kuhn zum Abschneiden Turners. Die Union verstehe die modernen Großstadtthemen als letzte: "Erstmal müssen wir und die SPD etwas durchsetzen, und dann kommt lange nichts, und dann kommt wieder lange nichts und dann findet es die CDU auch gut, aber wenn es schon durch ist", sagte der Grünen-Politiker.
Mehr Krippenplätze, weniger Feinstaub
Über seine Pläne für Stuttgart sagte Kuhn, er plane, rasch den Ausbau der Kinderkrippen voranzutreiben und den Feinstaub zu begrenzen. "Da muss mehr Tempo ran." Unter anderem will der 57-Jährige die bisher beschlossene Versorgung von 46 Prozent bei der Kleinkindbetreuung bis 2014 noch verbessern.
Am 7. Januar wird Kuhn die Amtsgeschäfte des bisherigen Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster übernehmen. Dieser war nach 16 Jahren im Amt nicht mehr zur Wahl angetreten. Kuhn wird der erste grüne Oberbürgermeister einer deutschen Landeshauptstadt sein und der erste Stuttgarter Rathauschef ohne CDU-Parteibuch seit 38 Jahren.
"SPD muss erst wieder ihren Platz finden"
Der Politikwissenschaftler Oscar Gabriel sieht die CDU in ihrer Hochburg Baden-Württemberg vor einer langen Durststrecke. Während die Christdemokraten nicht aus dem Schatten von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus herauskämen, sei es den Grünen in der Landesregierung gelungen, Vorbehalte konservativer Wähler zu zerstreuen. "Da wird es für die CDU langfristig sehr schwer werden, wieder eine Alternative aufzubauen", sagte der Stuttgarter Professor.
Noch schlechter sehe es für die SPD aus, die jetzt überhaupt erstmal wieder ihren Platz finden müsse. Bei der OB-Wahl in der Landeshauptstadt war die SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm im ersten Wahlgang mit 15,1 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz gelandet und hatte ihre Kandidatur dann zurückgezogen. "Es zeichnet sich deutlich ab, dass sich die politischen Auseinandersetzungen in Baden-Württemberg in erster Linie zwischen der CDU und den Grünen abspielen werden", sagte der Wahlforscher.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP