Chefsuche nach "beschissener" Wahl Ernst unterstützt Lafontaine
14.05.2012, 10:27 UhrNach dem für die Partei katastrophalen Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen geht nun das Geschiebe los, wer den Parteivorsitz übernehmen könnte. Noch-Parteichef Ernst spricht sich für Lafontaine aus. Den ostdeutschen Linken dürfte das gar nicht passen.

Lafontaine, Bartsch oder Ernst? Die Linke ist sich wieder nicht einig, wer sie führen soll.
(Foto: dpa)
Der Parteichef der Linkspartei, Klaus Ernst, hat sich dafür ausgesprochen, dass Oskar Lafontaine ihn an der Parteispitze ablöst. Ernst sagte, er sei "selbstverständlich" für eine Kandidatur des saarländischen Fraktionschefs beim Parteitag Anfang Juni in Göttingen.
Zuvor hatte der 69-jährige Lafontaine seine grundsätzliche Bereitschaft zur Rückkehr an die Parteispitze erklärt. Er will aber den Verlauf einer gemeinsamen Sitzung von geschäftsführendem Bundesvorstand und Landeschefs an diesem Dienstag abwarten.
Er wolle sich "zuerst anhören, was die anderen sagen", hatte Lafontaine nach dem Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen gesagt. "Es kann ja auch sein, dass niemand jetzt nach dieser Wahl diese Lösung für richtig hält, sondern andere Lösungen befürwortet werden."
Schluss mit "albernen" Diskussionen
Lafontaine betonte, die Weichen für die Bundestagswahl müssten jetzt gestellt werden. Wer den Parteivorsitz übernehme, müsse auch die Hauptverantwortung für die Bundestagswahl tragen. Er appellierte an die Linke, die "albernen" Diskussionen über Personen und Ämter einzustellen.
Das Abschneiden seiner Partei in Nordrhein-Westfalen bezeichnete Lafontaine als "beschissen". Auf der Bundesebene gebe es für die Linke einen deutlichen Rückgang in der Zustimmung, das schlage sich in den Wahlergebnissen in Bundesländern nieder, in denen die Partei traditionell nicht so stark sei. Anstatt über Personen zu diskutieren, müsse die Linke ihre Konzepte zur Finanzkrise und Sozialpolitik in den Vordergrund stellen.
Ostdeutsche Linke für Bartsch
Ernst machte deutlich, dass Lafontaine nur kandidieren wird, wenn sich in der Sitzung am Dienstag eine Mehrheit für den Saarländer abzeichnet. Einziger Kandidat für den Parteivorsitz ist bisher der stellvertretende Fraktionschef Dietmar Bartsch. Eine Kandidatur von Ernst kommt jetzt nur noch für den Fall infrage, dass Lafontaine verzichtet. In einigen ostdeutschen Landesverbänden der Linkspartei gibt es starke Vorbehalte gegen Lafontaine.
Vertreter des sogenannten Reformerflügels haben sich bereits für die Wahl von Dietmar Bartsch zum Vorsitzenden ausgesprochen und kritisieren Lafontaine. Bartsch habe in der Vergangenheit bewiesen, dass er die Partei organisieren und auch führen könne, sagte der Berliner Landesvorsitzende Klaus Lederer dem "Tagesspiegel".
Auch in anderen Teilen der ostdeutschen Linken formiert sich stärkerer Widerstand gegen Lafontaine. Der Landesfraktionschef in Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, sprach sich in der "Mitteldeutschen Zeitung" offen gegen ein Comeback des Gründungsvaters der Linken aus. Gallert sagte: "Parteivorsitzender soll der werden, der für Innovationen steht und ein klares Konzept vorlegen kann, wie wir wieder auf die Erfolgsspur kommen." Von Lafontaine und Ernst höre er immer nur: keine Debatten, Kurs halten. "Das Ergebnis ist, was wir in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erlebt haben. Deshalb geht das nicht mehr."
Wahl einer neuen Doppelspitze Anfang Juni
Eine neue Doppelspitze aus einem Mann und einer Frau soll am 2. und 3. Juni auf einem Parteitag in Göttingen gewählt werden. Ernst beklagte den fehlenden Zusammenhalt innerhalb der Partei. Bisher habe die Linke Leute in der Mannschaft gehabt, "die auf's eigene Tor geschossen haben". So sei der Eindruck einer zerstrittenen Partei entstanden. "Sicher war das ein oder andere, was ich aus den verschiedenen Landesverbänden gehört habe, nicht immer hilfreich", sagte Ernst.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP