Bundestag wird mangelhaft informiert Lammert kritisiert Merkel
11.03.2011, 18:54 UhrDie Informationspolitik der Bundesregierung in EU-Fragen sorgt für Kritik bei Bundestagspräsident Lammert und dem Ältestenrat des Parlaments. Lammert wirft Kanzlerin Merkel in einem Schreiben einen Verstoß gegen die verfassungsgemäßen Rechte des Bundestags vor. Ihr Sprecher wiegelt ab: Man habe das Parlament richtig informiert, sagt er.

Lammert hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg - auch, wenn es um die Kanzlerin geht.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bundestagspräsident Norbert Lammert legt sich erneut mit Kanzlerin Angela Merkel an: In einem Brief beschwerte er sich bei ihr, sie habe den Bundestag über den geplanten Euro-Wettbewerbspakt nicht oder nicht genug informiert. Der Fall habe "grundsätzliche Bedeutung", was die "unmissverständliche Verfassungslage" angeht. Er sieht sich darin mit dem Ältestenrat einig. Die Kanzlerin ließ die Vorwürfe zurückweisen.
"Wir sind als Bundesregierung der Meinung, dass wir den Bundestag absolut richtig informiert haben", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin. Wenn es Informationen gab, habe die Bundesregierung sie auch weitergeleitet. "Wir glauben, dass wir unserer Verpflichtung solide nachgekommen sind." Merkel habe Lammert bereits geantwortet. Am vergangenen Donnerstag habe es hierzu außerdem Gespräche gegeben.
Medien berichten ausführlich
Der CDU-Politiker Lammert warf seiner Parteichefin Merkel vor, das Kanzleramt habe dem Parlament am 2. Februar nur zwei Seiten Informationen zum Euro-"Wettbewerbspakt" zukommen lassen, während Medien detailliert darüber berichteten. Damit werde dem Gesetz über die Zusammenarbeit in EU-Fragen nicht oder nicht genug Rechnung getragen, heißt es in dem Brief an Merkel. Dies habe zu Unmut vor allem unter Europapolitikern geführt. Hinzu komme, dass die Bundestagsverwaltung das Kanzleramt schon am 1. Februar um Infos gebeten habe.
"Ich bitte Sie daher darum, die Informationen im konkreten Fall nachzuholen und sicherzustellen, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag künftig "umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt" unterrichtet", schreibt Lammert unter Berufung auf Artikel 23, Absatz 2 im Grundgesetz.
Nicht die erste kritische Äußerung Lammerts
Damit sorgte Lammert bei der CSU für Verärgerung. Ihr Europapolitiker Manfred Weber kritisierte: " Der Bundestagspräsident reitet auf formalen Fragen herum, während in der EU über die Zukunft unserer Währung und der Wirtschaftskraft Europas entschieden wird. (...) Es wäre besser, wenn der Bundestagspräsident und auch der SPD-Chef Gabriel der Kanzlerin nicht in den Rücken fallen, sondern sie für ihre Verhandlungen in Brüssel stärken."
Der Bundestagspräsident hat sich nicht zum ersten Mal kritisch zu Wort gemeldet. Lammert hatte den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU wegen der Plagiatsaffäre kritisiert. Im vergangenen Jahr gehörte er zu den Skeptikern der Hilfen für das angeschlagene Griechenland und des Euro-Rettungspaketes. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag hatte 2009 verbesserte Informations- und Mitspracherechte des Bundestages in EU-Fragen erzwungen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP