Neuer Regierungschef für Tunesien Larayedh verspricht Emanzipation
22.02.2013, 19:26 Uhr
Ali Larayedh will für beide da sein, für Männer und Frauen.
(Foto: Reuters)
Ein Pragmatiker soll die Regierungskrise in Tunesien beenden. Staatspräsident Marzouki beauftragt Innenminister Larayedh mit der Regierungsbildung. Er ist auf eine Koalition angewiesen. In seiner ersten Rede nach der Nominierung verspricht Larayedh eine Gleichstellung von Mann und Frau.
Tunesiens bisheriger Innenminister Ali Larayedh wird neuer Regierungschef seines Landes. Nachdem die islamistische Ennahda-Partei sich auf Larayedh für das Amt verständigte, beauftragte Präsident Moncef Marzouki diesen mit der Regierungsbildung.
Larayedh gilt als moderat und als Mann des Dialoges und Kompromisses. Er war in der Zeit des früheren Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali, der Anfang 2011 gestürzt wurde, inhaftiert und gefoltert worden. Nach der Revolution wurde er Innenminister. Der 57-Jährige gehört dem moderaten Flügel der Ennahda an.
Marzouki habe Larayedhs Nominierung angenommen, teilte Präsidentensprecher Adnène Mancer mit. Larayedh hat nun zwei Wochen Zeit, um eine neue Regierung zu bilden. Anschließend muss die Nationalversammlung zustimmen. Zwar dürfte die Ennahda mit 89 Abgeordneten auf die nötige Stimmenzahl kommen, dennoch versprach die Partei, die größtmögliche Koalition zu bilden, um einen Ausweg aus der politischen Krise im Land zu finden.
In seiner ersten Rede nach der Nominierung versprach Larayedh eine neue Regierung "für alle Tunesier und Tunesierinnen". "Männer und Frauen haben die gleichen Rechte und Pflichten", sagte er. Der Ennahda wird vorgeworfen, die Rechte von Frauen beschneiden zu wollen. In der Verfassunggebenden Versammlung hatte sie versucht, in das neue tunesische Grundgesetz anstelle der "Gleichheit" von Mann und Frau deren gegenseitige "Ergänzung" zu schreiben. Dies wurde durch Proteste in der Gesellschaft verhindert.
Erste Proteste gegen Larayedh
In Sidi Bouzid gingen Salafisten auf die Straße, um gegen Larayedh zu protestieren. Sie werfen ihm vor, als Innenminister für Zusammenstöße der Polizei mit Islamisten am Donnerstag verantwortlich zu sein, bei der Sicherheitskräfte auch eine Moschee stürmten.
Der bisherige Regierungschef Hamadi Jebali war Anfang der Woche zurückgetreten, weil er mit seinem Vorschlag der Bildung einer Expertenregierung an Hardlinern in der eigenen Partei gescheitert war. Jebali wollte die Expertenregierung nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaid Anfang Februar einsetzen, seit der Tunesien in einer tiefen politischen Krise steckt.
In Tunesien setzte Anfang 2011 der Arabische Frühling ein, der in mehreren arabischen Staaten zu einem politischen Umbruch führte. Neben der aktuellen Krise um den Mord an Belaid kämpft Tunesien weiterhin mit sozialer Unzufriedenheit in der Bevölkerung, die regelmäßig in Gewalt umschlägt. Die Arbeitslosigkeit und Armut hatten maßgeblich die Revolution ausgelöst, die zum Sturz Ben Alis führte.
Quelle: ntv.de, dpa