Schäuble in Indien Lashkar-e-Taiba auch bei uns
12.12.2008, 13:20 UhrMitglieder der mutmaßlich für die Terrorserie von Bombay verantwortlichen Extremistengruppe Lashkar-e-Taiba halten sich nach Angaben des Bundesinnenministeriums auch in Deutschland auf. Es handele sich um Einzelpersonen, sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble bei einem Besuch in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Lashkar-e-Taiba (LeT) unterhalte nach derzeitigen Erkenntnissen keine Organisationsstrukturen in der Bundesrepublik. Man gehe davon aus, dass die Mitglieder der Gruppe "in Deutschland nicht unmittelbar Anschläge vorbereiten". Es gebe aber "offensichtlich Bezüge zu der Islamischen Dschihad-Union", jener usbekischen Gruppe, die in Deutschland Anschläge geplant hatte.
Schäuble kündigte in Neu Delhi die baldige Entsendung von Spitzenbeamten des Bundeskriminalamtes nach Indien an, um die Zusammenarbeit zu verstärken. Beide Seiten seien der Ansicht, dass der Informationsaustausch verbessert werden könne, sagte der Minister. Er habe darum gebeten, dass sich auch die deutsche Anti- Terror-Einheit GSG 9 die Tatorte in Bombay "intensiver angucken kann". Die GSG 9 müsse auf solche Angriffe vorbereitet sein. Auch die Staatsanwaltschaft in Deutschland, die im Fall der drei in Bombay getöteten Bundesbürger ermittele, müsse die notwendigen Informationen bekommen. Schäuble betonte, man werde Indien beim Anti-Terror-Kampf helfen, wo immer das von der Regierung in Neu Delhi gewünscht sei.
Denkstruktur betroffen
Schäuble sagte, die Terrorserie von Bombay mit mehr als 170 Toten betreffe nicht nur Indien, sondern entspräche "der Denkstruktur des Netzwerks islamistischen Terrors". Mit seinem Besuch wolle er zeigen: "Wir verstehen auch, dass das eine Bedrohung auch für uns ist." Schäuble ist das erste deutsche Kabinettsmitglied, das Indien seit der Terrorserie von Bombay Ende vergangenen Monats besucht.
Der Bundesinnenminister kam zunächst mit seinem neuen indischen Amtskollegen P. Chidambaram und dem nationalen Sicherheitsberater M. K. Narayanan zusammen. Geplant waren auch Treffen mit Premierminister Manmohan Singh sowie mit Vertretern der muslimischen und der christlichen Minderheit in Indien. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die deutsch-indische Kooperation in den Bereichen Sicherheit und Anti-Terror-Kampf.
"Do-It-Yourself-Dschihadisten"
Generalbundesanwältin Monika Harms warnte in diesem Zusammenhang vor dem Internet als Plattform für die Verbreitung des islamistischen Extremismus und wies auf bestehende Gefahren für Deutschland hin. Das Internet sei mittlerweile der Heimwerkermarkt des "Do-It-Yourself-Dschihadisten", sagte Harms in Karlsruhe. Es diene dazu, Propaganda zu verbreiten, Mitglieder zu werben und zur Kommunikation zwischen den extremistischen Zellen.
Durch intensive Recherchen sei es bisher gelungen, die vom islamischen Extremismus ausgehenden Gefahren im Griff zu halten. Gewähr für Sicherheit gebe es jedoch nicht und man solle sich auch nicht durch die geografischen Entfernungen zwischen Deutschland und dem indischen Bombay und täuschen lassen. "Auch Deutschland taugt als Anschlagsziel", sagte Harms.
Bundesanwalt Rainer Greisbaum wies auf die rechtlichen Probleme bei der Verfolgung von extremistischer Internetkriminalität hin. Die Frage sei unter anderem, in welchem Land der Cyber-Dschihadist tätig werde und wie der Staat sich schützen könne, sagte er.
Ende November hatte die Bundesanwaltschaft Haftbefehle gegen Männer erwirkt, die über das Internet Propaganda für die Extremistengruppe Al-Kaida verbreitet haben sollen.
Quelle: ntv.de